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Kann man eine Lebenslüge aushalten ?

uschi1979 (w, 33) aus Naumburg: Hallo,

folgendes bedrückt mich: Vor zwei Jahren hatte ich eine kurze Affäre mit einem Bekannten. Er sowie ich waren in Beziehungen mit kind/kindern. Während dieser Zeit wurde ich ungewollt Schwanger. Klar war sicher, das er das kind nicht wollte und ich eigentlich auch keins mehr wollte. aber schließlich entschied ich mich doch für das kind. Dies bedeutete jedoch das aus unserer Freundschaft sowie das Ende unserer Beziehungen. Meine Beziehung an sich war schon kaputt. Ich fand es nicht mehr schlimm, wollte aber seine nicht kaputt machen. Am Ende entschied ich mich, ihn nicht als Vater zu benennen, auch auf seinen Wunsch hin. Wir belassen alles unter uns. Das bedeutet natürlich auch, das das kind nicht wissen wird, wer dessen vater ist. Im Eifer unserer Streitigkeiten, legte ich darauf keinerlei Bedeutung. Doch heute, (kind 18 monate alt) weiß ich nicht, ob sich sowas auf Dauer aushalten lässt, vorallem nicht, wenn die Fragen dann kommen. Ich bekomme Angst und Zweifel bei dem Gedanken, wenn mein Kind fragen stellt und ich es möglicherweise belügen muss. Kann man so eine lebenslüge aushalten über eine solange zeit, wenn gar für immer? Ich weiß es nicht. Könnte ich es möglicherweise später bereuen? Manchmal weiß ich nicht, was richtig oder falsch ist. Ich liebe mein Kind, aber auch den Vater, dessen Beziehung ich nicht kaputt machen will. Was soll ich tun?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hallo Uschi1979,

Ihre derzeitige Situation bedrückt Sie sehr und das merkt man Ihren Zeilen schon recht deutlich an.
Das Sie Zweifel entwickeln und unsicher in Ihre und in die Zukunft Ihres Kindes blicken, ist nur allzu verständlich und nachvollziehbar.

Eine Liebesbeziehung während einer bereits bestehenden anderen Partnerschaft zu unterhalten ist schon schwierig und kompliziert genug, wenn daraus auch noch ungewollt ein Kind entsteht, wird es nicht einfacher.
Nun haben Sie sich aber - sicher aus guten Gründen - für Ihr Kind entschieden und Ihre Beziehung zum Vater dafür sozusagen geopfert.
Sie glauben, Sie hätten alles zwischen Ihnen und dem Vater geregelt. Und dennoch sind da diese Zweifel und so etwas wie vielleicht Gewissensbisse.

Meiner Erfahrung nach, werden diese auch bestehen bleiben, wenn Sie nicht dazu bereit sind, reinen Tisch zu machen.
Sie sollten daher sich und den Vater in die gemeinsame Verantwortung für Ihr gemeinsames Kind nehmen.
Sie schreiben, sie möchten nicht die Beziehung des Vaters zu seiner Partnerin kaputt machen. Dieser Gedanke ist zwar in gewisser Weise ehrenhaft. Doch er ist auch voreilig und - entschuldigen Sie bitte die harten Worte - er ist dumm.
Denn dieser Gedanke bildet auch die Grundlage für weitere Probleme und Belastungen, deren Auswirkungen Sie hier und heute vielleicht noch gar nicht ermessen oder absehen können.

Der Kindesvater macht es sich - so wie ich den Sachverhalt aus Ihren Zeilen verstehe - recht bequem und zieht sich aus der Verantwortung komplett zurück.
Für ihn scheint es offenbar nur darum zu gehen, das seine Beziehung zu seiner Partnerin heil bleibt. Was aus Ihnen und Ihrem Kind wird scheint ihn nicht zu interessieren.
Möglicherweiser gibt ihnen an Ihrer derzeitigen Sitaution auch noch die alleinige Schuld. Schließlich haben Sie sich ja gegen seinen Willen für das Kind entschieden.
Sollte ich mit meiner dahingehenden Vermutung Recht haben und es sich tatsächlich so verhalten, wäre es nur fair und gerecht, in als Vater Ihres Kindes offiziell zu benennen und eintragen zu lassen. Doch geht es nicht um Rache oder Genugtuung. Es geht einzig und alleine um seine Verantwortung. Verantwortung gegenüber seinem Kind und gegenüber Ihnen.

Auch aus anderen Gründen, wäre die offizielle Bennenung des Vaters und die damit verbundene Eintragung - meines Erachtens nach - unumgänglich :

Da ist als Erstes ihr Kind, welches nicht nur einen ethisch-moralischen, sondern auch einen rechtlichen Anspruch darauf hat, zu erfahren wer sein Vater ist.
Ohne die Eintragung bzw. die Anerkennung der Vaterschaft, kann ihr Kind keine Unterhaltsansprüche gegen den Vater geltend machen.

Selbst wenn es zwischen Ihnen und dem Vater eine Vereinbarung dazu geben sollte, wäre diese rechtlich kaum durchzusetzen, solange die Vaterschaft nicht offiziell eingetragen und bestätigt wird.

Von der Eintragung muss die Partnerin des Vaters ja nicht zwangsläufig erfahren. Das wäre eine Angelegenheit zwischen dem Vater und ihr und somit streng genommen, auch nicht Ihr Problem.

Sollte sich der Vater weigern Unterhalt zu zahlen oder es ihm aus finanziellen Gründen nicht schaffen, kann das Jugendamt einen Unterhaltsvorschuß für Ihr Kind leisten, was aber nur möglich ist, wenn Sie den Kindesvater benennen und er in der Geburtsurkunde eingetragen wird. Diesbezüglich dürfen Sie nicht nur an heute und morgen denken, sondern auch daran, was mit Ihrem Kind geschieht, wenn Sie einmal - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr selbst für Ihr Kind sorgen könnten.

Von diesen eher formalen Gründen einmal abgesehen, ist es niemals gut eine solche Lebenslüge mit sich herumzutragen. Und je länger Sie das tun, um so schlimmer und dramatische werden die Folgen für alle Beteiligten sein. Denn eines Tages wird Ihr Kind nach dem Vater fragen oder durch einen Zufall selbst die Wahrheit herausfinden.
Es wird Ihnen dann vermutlich schwere Vorwürfe machen und Sie werden dann mit Sicherheit Ihre Lebenslüge bereuen.

Nicht zuletzt, sollten Sie sich darüber klar werden, dass Sie zwei Lebenslügen mit sich herumtragen :
Die eine ist Ihre eigene, gegenüber Ihrem Kind. Die andere, ist die Lebenslüge des Vaters gegenüber seiner Partnerin, welche Sie im wahrsten Wortsinne mittragen.

Mein Rat an Sie lautet daher :
Schaffen Sie klare Verhältnisse, für Ihr Kind und für sich. Halten Sie nicht länger an Ihren Vorstellungen von Rücksichtnahme aus einer emotionalen Verbundenheit zum Vater Ihres Kindes fest. (Zumindest nicht, wenn Sie nicht sicher sein können, das er auch noch etwas für Sie und / oder das Kind empfindet.)
Sie sollten versuchen, sich von dem Gefühl oder dem Gedanken zu befreien, Sie würden seine Beziehung zerstören. Denn mindestens zur Hälfte er doch selber dazu schon beigetragen - und das meine ich nicht nur im rein biologischen Sinne.

Es wird bestimmt keine leichte Entscheidung für Sie werden. Doch je länger Sie warten, um so größer dürften die Schwierigkeiten und Probleme werden.
Vielleicht wenden Sie sich vertrauensvoll an eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe, z.B. an das Jugendamt oder an eine entsprechende caritative Einrichtung.
Unter Umständen kann auch eine Beratung durch eine Beratungs-Kollegin oder -Kollegen in Ihrer Nähe für Sie hilfreich sein.

Ich wünsche Ihnen die notwendige Kraft und den Mut, eine Entscheidung zu treffen, sowie alles erdenklich Gute für Sie und Ihr Kind.

Liebe Grüße,

Thomas Dereser
Psychologischer Berater u. Personal Coach
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