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Freundinnen und Kinderwunsch

emmelie16 (w, 35) aus Berlin: Hallo, mir sind Freundinnen sehr wichtig. Inzwischen haben alle in unserem Freundeskreis Kinder; wir werden leider nie welche haben können. Ich habe eine zeitlang gebraucht, um damit fertig zu werden, dennoch den Kontakt zu den anderen gehalten, offen den Kindern gegenüber, und Rücksicht auf 'Kinderzeiten' genommen, wenn es um Treffen ging.

In unserer 'Truppe' von 4 Paaren mussten wir alle den Weg über die Kinderwunschbehandlung gehen. Mit Beginn der Schwangerschaft meiner einen 'Freundin' fing es an, dass die anderen 2 dies nicht ertragen haben und ständig über sie herzogen (u. a., weil sie nicht offen über ihre KiWuBeh. sprach, außer mit mir). Ich habe meine 'Freundin' verteidigt/für Verständnis für sie 'geworben' (ohne das Geheimnis zu verraten), auch in dem Verständnis der anderen, dass es nicht leicht ist, eine Schwangerschaft mitzuerleben, wenn es bei einem selbst nicht klappt.

Über die Jahre nahm das 'über sie herziehen'/'hinter ihrem Rücken reden' mir gegenüber zu. Ich habe das nicht mehr ertragen und derjenigen gegenüber ausgesprochen. Mit Beginn meiner Fehlschläge in der KiWuBeh., nachdem alle ihre Kinder hatten, zogen sie sich zurück. Heute klagt meine 'Freundin' in meiner Gegenwart nur darüber, wie schwer es ist mit Kindern, nimmt aber auch keine Hilfe an. Sie und diejenige, die nur schlecht über sie redete, sind jetzt wohl vereint; über das Thema 'Kind'. Ich bin darüber tief verletzt und kann es nicht verstehen. Man fühlt sich wie ausgemustert, weil man keine Mutter ist, dabei gäbe es auch andere Themen, die uns verbinden könnten. Was habe ich falsch gemacht?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe emmelie16,

vielen Dank für Ihre ausführliche Zuschrift! Zuerst einmal: 'Falsch' haben Sie ganz bestimmt nichts gemacht, es gibt in der Psychologie keine solche Einteilungen. Sie spüren, wie sich das Leben Ihrer Freundinnen und befreundeten Paare durch Kinder verändert und haben das Gefühl, kein Teil dieser einstmals bestehenden Gruppe mehr zu sein. Das ist ein oft zu beobachtender Vorgang, der nur oberflächlich mit mit einem anderen Lebensrhythmus und anderen 'Themen' zu tun hat.

Auf einer darunterliegenden Ebene fühlen Sie sich offenbar mit Ihrer Weiblichkeit, Ihrem Wunsch nach Kindern, existenziell in Frage gestellt. Manche bezeichnen es als 'biologischen Plan', daß eine Frau Kinder bekommt - wie auch immer eine Frau sich entscheidet: Sich mit der eigenen Gebärfähigkeit auseinanderzusetzen, ist für jede Frau unvermeidlich. Es schwingt auch Stolz mit, einem Kind das Leben zu schenken, und vermutlich spüren Sie diese Wünsche und Gefühle, können sie aber nicht 'in die Tat umsetzen'. Dies ist eine große Enttäuschung für Sie, deren Tragweite für viele Außenstehende vielleicht gar nicht erfaßbar ist.

Was nun Ihr gestörtes Verhältnis zu Ihren Freundinnen angeht: Vielleicht ist es gar nicht genau zu trennen, ob Ihre Freundinnen durch ihre Kinder 'anderes zu tun haben' oder Sie Ihren Freundinnen auch mit einem unbewußten Gefühl des Begehrens und der Ohnmnacht begegnen, 'weniger zu haben'.

Sie haben die Erfahrungen von Heimlichkeiten und Mißgunst gemacht, wünschen sich dennoch den Kontakt, der Ihnen anscheinend im gewünschten Maß verweigert wird. Natürlich kann es gut sein, daß Ihre Freundinnen, die alle nur über die Herausforderung medizinischer Behandlung Kinder bekommen haben, Sie als 'gefährdend' ansehen, als die einzige, bei der es 'nicht klappt' - so, als seien Ihre (bisherigen) erfolglosen Versuche 'ansteckend'. Dann würde das Verhalten Ihrer Freundinnen auf deren tiefer Unsicherheit gründen.

Vielleicht schreiben Sie Ihren Freundinnen einen aufrichtigen Brief, in dem Sie von Ihrer angesprochenen Verletztheit sprechen (in der 'Ich-Form', d. h. 'ich fühle mich verletzt'), darüber, daß Sie unter der von Ihnen so empfundenen Ausgrenzung leiden. Das erfordert Mut, kann Ihren Freundinnen aber auch Ihre Verfassung deutlich machen. Formulieren Sie auch Ihre Wünsche hinsichtlich anderer Aktivitäten und bitten Sie um eine Antwort. Vielleicht erfolgt danach erst einmal eine längere Pause in Ihren Kontakten, die aber durchaus heilsam sein kann, manchmal sehen die Beteiligten in solchen Situationen 'den Wald vor lauter Bäumen nicht', ein paar (zeitliche) Schritte zurückzutreten, trägt dann zur Klärung bei.

Begleitend empfehle ich Ihnen, therapeutische Gespräche aufzunehmen, um das Thema Kinderwunsch eingehender zu beleuchten und vor allen Dingen die Auswirkungen dessen auf Ihre Beziehungen zu Ihrer Umwelt. Sie werden gemeinsam mit einem Therapeuten die große Chance haben, die Tragweite dieser Situation tiefer zu erfassen und darüber mehr Gelassenheit und Sicherheit zu gewinnen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
- Heilpraktiker f. Psychotherapie -
Bewertung durch den Fragensteller:
vielen Dank fuer Ihre ausführliche und einfuehlenden Antwort





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