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Meine Bekannte isst wenig, ist traurig und sieht sich verzerrt im Spiegel

anonymforcare (m, 15) aus Unbekannt: Hallo Psychomeda-Team,

Seit nunmehr 3 Jahren hat eine Bekannte, 15 Jahre, von mir, ernsthafte Probleme mit Essen und dem Blick in den Spiegel. Ihr Krankheit wird als ,,Bulimie“ bezeichnet. Sie isst fast nichts mehr am Tag und fühlt sich dabei trotzdem schlecht. Das liegt daran, dass ihre Eltern, zu denen sie noch nie die besten Verbindungen hatte ihre Probleme nicht verstehen und wie sie sagt, verstehen wollen. Heute war nun wieder einmal ein großer Trauertag, nachdem der Streit zum wiederholten Male eskalierte, beim Mittagessen.
Sie hat kurze Zeit einen Psychologen besucht, kam mit diesem aber nicht zurecht, was wiederum die Eltern nicht einsahen.
Um ihr helfen zu können, würde ich mich über ein Feedback von Ihnen freuen. Denn ich weiß nicht, wie lange es so noch weitergeht.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber Unbekannter!

Was Sie beschreiben ist in der Tat eine sehr unangenehme Situation und ich kann mir vorstellen, dass Ihre Bekannte das kaum aushalten kann. Ebenso ist es sicherlich für Sie schwierig, die bisher ausweglose Situation mitanzusehen und zu ertragen dass Ihre Bekannte leidet. Für jemanden, der gesund ist ist es sehr schlecht vorstellbar, dass es jemanden gibt, der die Wirklichkeit derart verzerrt, dass er im Spiegel etwas anderes wahrnimmt als andere darin sehen: Ein schlanker Körper scheint zu dick zu sein oder zumindest fülliger als er tatsächlich ist.

Aus meiner Erfahrung in der Praxis kann ich sagen: Die Symptome (Verweigerung des Essens, Verzerrung des Körper-Schemas, Trauer) sind nicht das Problem, sondern sie sind die Lösung von einem ganz anderen Problem. Alle Menschen haben ein tiefes Bedürfnis nach Verbundenheit und Zuwendung. Wenn dieses Grundbedürfnis in der Familie nicht gestillt, sondern ständig frustriert wird, dann sind die Folge Trauer und Schmerz. Sie schreiben, dass es in der Familie Ihrer Bekannten viel Streit gibt, dass sie noch nie die besten Verbindungen zu ihren Eltern hatte und dass sie dort nicht verstanden wird.

Aus der Ferne kann ich das natürlich nicht exakt bewerten, aber es erscheint mir, als würde in der Familie nicht gerade wertschätzend miteinander kommuniziert? Es wäre schön, wenn sich das ändern könnte. Aber wie?

Was Sie richtig erkannt haben ist, dass Ihre Bekannte Hilfe braucht. Sie hatte einen ersten Schritt bereits getan, sie hat einen Psychotherapeuten aufgesucht. Und Sie dürfen sie ruhig darin bestätigen, dass es gut war, wenn sie spürte, dass sie dort nicht richtig war – denn dann ist eine Therapie sowieso nicht wirksam. Wichtig ist jetzt aber, dass Sie sie ermutigen, dass sie weiter sucht nach einem passenden Therapeuten. Auch die Tatsache, dass die Familie nicht einsehen wollte, dass sie die erste Therapie abgebrochen hat kann ein gutes Zeichen sein. Die Familie ist ja auch an einer Lösung interessiert – sie wissen nur auch nicht wie es geht. Womöglich wären die Mitglieder ja auch zu einer Familientherapie bereit?

Denn noch kann Ihre Bekannte mit ihren 15 Jahren nicht auf eigenen Beinen stehen und muss lernen, sich so durchzusetzen, dass sie ihre Bedürfnisse (Verbundenheit, Wertschätzung, Individualität) erfüllt bekommt. Noch sind die Eltern dafür zuständig, ein wertschätzendes Umfeld für Ihre Bekannte zu gestalten. Soweit erstmal zu Ihrer Bekannten. Ich habe unten auch noch einen Link mit weiteren Informationen zur Erkrankung beigefügt.

Für Sie selber ist es jetzt wichtig, dass Sie darauf achten, dass Sie Ihrer Bekannten zwar zuhören, dabei aber auch auf Ihre Grenzen achten. Wann ist es genug? Wann ist es wichtig, dass Sie auch mal „nein“ sagen und sie mit ihren Problemen scheinbar alleine lassen. Sagen Sie ihr immer wieder, wie wichtig es ist, dass sie entweder einen Therapieplatz in einer Klinik oder bei einem Psychotherapeuten antritt. Zu Ihnen hat sie ja auch Vertrauen – also gibt es auch einen Therapeuten, zu dem sie Vertrauen haben kann.

Ich wünsche Ihnen beiden ganz viel Kraft auf dem weiteren Lebensweg. Bleiben Sie dran, ich finde es sehr gut wie Sie Ihre Bekannte unterstützen. Sie kann es schaffen, dass sie sich wieder wohl fühlt in ihrer Haut und dann können Sie beide stolz darauf sein!

Herzlicher Gruß aus dem Schwabenland
Shivani Allgaier
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