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Leide ich unter Bulimie?

Cherrylady (w, 17) aus Dresden: Hallo,

ich bin 17 Jahre alt und gehe in die 12. Klasse. Dieses Jahr werde ich mein Abitur machen. Schon seit einigen Jahren ist mein Gewicht ein sehr wichtiges Thema für mich. Doch in letzter Zeit wird es immer schlimmer.

Ich stelle mich mehrmals täglich auf die Waage und versuche Diät zu halten. Doch momentan ist es furchtbar stressig in der Schule und der Leistungsdruck ist enorm, und da hatte ich einige kleine Fressattacken, nach denen ich mich übergeben habe, weil ich nicht zunehmen will. Momentan ist es so, dass ich mich auch übergebe, nachdem ich etwas gegessen habe, was nicht in meinen Diätplan passt, also auch ohne vorherige Fressattacke.

Nun habe ich Angst, dass ich richtig in die Bulimie rutsche, aber andereseits denke ich, dass es nur an dem großen Stress liegt, den ich derzeit habe und das sich das ganze mit abnehmendem Stress wieder normalisieren wird.

Denken Sie, dass sich mein Essverhalten nach der stressigen Abizeit wieder normalisieren wird oder wird alles noch schlimmer werden?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Cherrylady,

vielen Dank, daß Sie hier schreiben! Das zeigt, daß Sie durchaus ein Problembewußtsein haben und selbst feststellen, daß bei Ihnen etwas 'aus dem Ruder' zu laufen droht!

Die Verhaltensweisen, die Sie beschreiben, klingen sehr bedenklich! Alleine das mehrmalige tägliche Wiegen und die Einhaltung eines 'Diätplans' lassen mich kritisch aufhorchen. Ernährung sollte gesund und bewußt erfolgen, sie sollte aber auch einem gewissen 'Automatismus' unterliegen: Drei feste Mahlzeiten täglich (morgens, mittags, abends), dazwischen kalorienfreie Flüssigkeit, und am besten 'alles' essen, im jeweils richtigen Maß. Daß Sie mit 17 Jahren eine Diät halten, könnte nur sinnvoll sein, wenn Sie erkennbar übergewichtig sind, wovon Sie allerdings nichts schreiben.

Besonders junge Mädchen sind sehr 'anfällig' für Eßstörungen, und höchstwahrscheinlich hat dies nicht (nur) mit Streß zu tun, so wie Sie es vermuten, sondern hat viel weiterreichende Verbindungen zu familiärem Rollenverhalten, Sexualität und Ängsten. Insofern - so hart das jetzt klingt - befürchte ich, daß sich Ihr Eßverhalten mit abnehmendem Streß nicht 'einfach so' wieder normalisieren wird, sondern daß diese tieferliegenden Themen angesprochen werden sollten.

Bulimie - eigentlich Bulimia nervosa - ist ein ernstzunehmendes Phänomen: Bei dauerhafter Durchführung dieses Verhaltens (Eß- und Brechattacken) droht eine Überlastung des Kreislaufs, die bis zum sog. 'plötzlichen Herztod' führen kann. Mildere Begleiterscheinungen sind Mangelerscheinungen (weil wichtige Inhaltsstoffe der Nahrung vor der Verarbeitung wieder erbrochen werden) und Zahnschädigungen (durch das Erbrechen gelangt Magensäure in den Mund).

Anscheinend besteht Ihr Verhalten noch nicht so lange, und deswegen halte ich es für einen sehr günstigen Zeitpunkt, daß Sie sich therapeutische Begleitung suchen, am besten analytisch oder humanistisch orientiert. Die Themen 'Tochter sein', 'Frau werden' und 'Leistung bringen' werden höchstwahrscheinlich eine große Rolle in den therapeutischen Gesprächen spielen. Vielleicht finden Sie hier weiterführende Informationen zum Thema: http://www.dipp-dresden.de/patienten-info/essstoerungen.html

Nehmen Sie Ihr Verhalten bitte nicht 'auf die leichte Schulter', sondern sehen Sie Ihren Impuls, hier zu schreiben, als einen 'inneren Aufruf' zur Veränderung! Sie befinden sich in einem Alter, in dem Sie für sich eine neue Rolle finden müssen: nicht mehr Mädchen, aber auch noch nicht Frau. Diese Phase ist mit Schwierigkeiten und Herausforderungen verbunden, die so bewußt wie möglich erlebt werden sollten. Ein kompetenter (therapeutischer) Gesprächspartner hilft Ihnen dabei. Haben Sie bitte den Mut, ein solches Angebot aktiv aufzusuchen!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
- Heilpraktiker f. Psychotherapie -
Bewertung durch den Fragensteller:

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