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Ich mache mir große Sorgen um meine Freundin, die an Bulimie leidet.

Samy (w, 25) aus Berlin:

Liebes Psychologen-Team,

ich möchte Ihnen die Situation meiner besten Freundin schildern und freue mich auf Ihre hilfreichen Antworten.

Meine Freundin studiert Mathe und Physik. Vor dem Studium litt sie an Magersucht. Die Magersucht hat sich in Bulimie umgewandelt. Man sieht ihr nicht an, dass sie an einer Essstörung leidet. Sie scheint fröhlich, hilfsbereit und lebenslustig zu sein. Zu Hause sieht ihr Leben anders aus. Sie traut sich nicht aus ihrem Zimmer rauszugehen und versteckt sich zu Hause. Sie erzählt mir immer, dass sie mit ihrem Leben unzufrieden ist. Letzte Woche hatte sie ihre Therapiesitzung (Psychotherapie). Nach ihrer Therapiestunde hatte ich sie besucht. Sie sagte mir, dass sie gerne sterben möchte. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte.
Sie erzählt mir, dass ihr die Therapie nicht weiterhilft. Sie kann sich ihrer Therapeutin nicht öffnen, obwohl sie das mehrmals versucht haben soll und ihre Therapeutin sehr sympathisch sein soll.
In ihrem Studium nimmt sie an Praktika nicht teil, weil sie schnell ausgegrenzt wird und allein ist. Sie habe Angst in großen Menschenmengen aufzutreten. Daher bleibt sie lieber zu Hause.

Ich möchte Ihnen fragen, wie ich meiner Freundin weiterhelfen kann. Ich bedanke mich für ihre baldigen Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Samy,

Sie haben eine gute Freundin gefunden, die Ihnen am Herzen liegt. Sie können gut mit ihr lachen und fühlen sich auch gut unterstützt von ihr. Je näher Sie sie jedoch näher kennen lernen, desto mehr Sorgen scheinen Sie sich um sie zu machen - die Freundin hat auch eine andere Seite, die Ihnen Angst macht. Sie zieht sich zu Hause zurück, denkt daran, sich das Leben zunehmen, fühlt sich einsam, kann sich in Gemeinschaften schlecht integrieren und hat so wenig Hoffnung, dass sich daran etwas ändern könnte, dass sie lieber sterben möchte als eine Lösung dafür zu finden. Zualledem hat sie sich bereits Hilfe geholt - sie ist in psychotherapeutischer Begleitung - aber die Freundin kann sich dieser Hilfe gar nicht öffnen.

Diese Seite kennen zu lernen hat Sie sicherlich verunsichert und tief erschüttert? Nun fragen Sie, wie Sie Ihrer Freundin helfen können.

Als erstes möchte ich Ihnen rückmelden, dass es gut ist, dass Sie sich Hilfe holen - denn alleine sind Sie mit diesem Thema überfordert. Was Sie schildern, deutet darauf hin, dass Ihre Freundin eine ziemlich tiefe narzisstische Verletzung in sich trägt. Das ist eine Verletzung, die in der Kindheit passierte zu einer Zeit, da sie sich nicht wehren und sich auch nicht von den Eltern abwenden konnte. Das führt dazu, dass der verletzte Teil sich immer noch im Verteidigungsmodus befindet. Aus diesem Grund kann sie sich schlecht in Gemeinschaften integrieren und fühlt sich alleine. Mit Empathie kommt auch niemand an sie heran, weshalb auch die Therapeutin bisher auf verlorenem Posten steht. Zudem macht die Freundin die Mauern zur Außenwelt immer höher. Je weniger die Therapeutin an sie herankommt, desto mehr Verachtung wird sie für sie empfinden und sie noch weniger an sich heranlassen. Sie fühlt sich einsam, alleine, lässt kaum jemanden an sich heran und leidet sehr darunter. Aus dieser Verteidigungs-Position heraus müsste sie auch ständig in einer Hab-Acht-Stellung sein anderen gegenüber - sie hat ganz sicher generell Probleme damit, anderen zu vertrauen. Um es kurz zu machen - Ihre Freundin lebt nicht, sondern ist ständig dabei, zu kämpfen - sie sehnt sich nicht nach dem Tod, sondern danach lebendig zu sein.

Dennoch möchte ich Sie bitten, ihr zu sagen, dass sie die kostenlose Telefonseelsorge kontaktiert, wenn sie wieder Gedanken daran hat, ihr Leben zu beenden: 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222

Solange sie sich in diesem Kampf mit sich und der Welt befindet, werden ihre Versuche, ihren Hunger zu stillen nicht fruchten. Sie kann 'fressen und kotzen', nach Anerkennung heischen, Leistung bringen bis zum Umfallen. Sie wird nicht satt sein. Das wonach sie sich sehnt wird erst dann ankommen, wenn sie diesen Kampf beendet. Dazu braucht sie zunächst die Einsicht, dass es so ist - und die Bereitschaft, diesen Kampf zu beenden. Dann kann sich etwas ändern.

Vielleicht lassen Sie sie diese Antwort lesen? Oder Sie empfehlen ihr das Buch von Bärbel Wardetzki 'Narzissmus bei Frauen'. Das erfordert einigen Mut. Sie sind eine tolle Freundin, die ihr wertvolle Impulse geben kann - aber verändern muss die Freundin ihr Leben selber.

Gehen Sie das an und geben ihr die Impulse, die sie neugierig auf die eigene Lebendigkeit machen. Und ich wünsche Ihnen beiden viel Kraft.

Herzlicher Gruß
Shivani Allgaier

Bewertung durch den Fragensteller:





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