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Unsere 8-jährige Tochter kann öfters lange nicht einschlafen und reagiert dann panisch!

Anna38 (w, 38) aus Köln: Liebes Team,
meine Tochter (8 Jahre alt) hat immer wieder Angst, nicht einschlafen zu können!

Entstanden ist das Problem, als sie bei einer Freundin übernachtete und irgendwann alle im Haus schliefen, nur meine Tochter nicht. Sie bekam Panik, fühlte sich total allein und wir mussten sie mitten in der Nacht abholen. Das Gleiche passierte ein paar Monate später noch einmal bei einem Übernachtungsbesuch bei Oma und Opa, die auch noch sehr unangebracht auf ihre Ängste reagierten.

Sobald meine Tochter abends, gegen 21 Uhr im Bett merkt, dass sie nicht innerhalb von ein paar Minuten eingeschlafen kann, geht es los:

Sie hat Angst, die ganze Nacht wachliegen zu müssen, während mein Mann und ich schlafen. Dadurch wird sie nervös, fängt an zu schwitzen, und die Angst, nicht schlafen zu können wird größer, sie fängt an zu weinen, und der Schlaf ist dann natürlich nicht möglich.

Im Monat passiert das ca. 3-4 Mal. Es dauert dann meist 2-3 Stunden, bis sie mit unserer Hilfe endlich in den Schlaf findet.

Wir gehen sehr sensibel damit um und haben alles versucht: Lesen im Bett, noch mal aufstehen und bei uns im Wohnzimmer sitzen, darüber reden, aber einfach nichts will helfen!

Meine Frage: Wie könnten wir unserer Tochter helfen und diese Angst-Spirale unterbrechen?

Vor allem ist dies auch für meine Tochter sehr belastend, da sie sich wünscht, z.B. bei Freundinnen zu übernachten, es aber so natürlich nicht möglich ist. Vielen Dank und herzliche Grüße! Anna

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:


Hallo, liebe Anna!
Danke, daß Sie sich mit Ihrem Erziehungsproblem so vertrauensvoll an uns wenden! Gerne will ich versuchen Ihnen einen Weg aus der für alle Beteiligen so bedrückenden Familiensituation zu zeigen!

Erst einmal möchte ich Ihnen meine Anerkennung aussprechen, denn Sie gehören offensichtlich zu den besonders liebevollen Eltern, die sich sehr feinfühlig um ihr Kind kümmern und sich aufrichtig darum bemühen, dem Kinde gerecht zu werden und ihm seine Ängste zu nehmen!

Ich vermute, daß es sich bei Ihrer Tochter um ein Einzelkind handelt, was schon einmal eine etwas ungünstigere Ausgangslage ist und immer die Gefahr der Verwöhnung, Überbehütung und Verzärtelung in sich birgt, auch wenn Sie sich noch so sehr um einen optimalen Erziehungsstil bemühen. Die richtige Kindererziehung ist ja auch immer eine Gradwanderung zwischen zu streng und zu locker, zu unbesorgt und zu ängstlich.

Ihre Tochter hatte sich sicherlich sehr auf das Übernachten mit Ihren Freundinnen gefreut, aber da sie wohl das erste Mal außer Haus übernachtete, war das für sie eine echte Herausforderung, die von ihr offensichtlich nicht bewältigt werden konnte.

Anderseits ist es aber auch ein gutes Zeichen, daß Ihre Tochter immer noch den Wunsch zu so einem kleinen Übernachtungs-Abenteuer hegt und auch den guten Willen hat diese Problematik zu überwinden!

Um ihr dies zu ermöglichen, müssen Sie ihr aber zuerst helfen, dieses ungute Schlüssel-Erlebnis zu überwinden, wodurch sich jetzt offensichtlich ein Angstkomplex etabliert hat.

Ihre sicherlich gut gemeinten Bemühungen der Tochter durch besondere Beachtung und Zuwendung das Einschlafen zu erleichtern, bewirkt nach meiner Einschätzung genau das Gegenteil, weil durch Ihr besorgtes Reagieren, die Sache zusätzlich an Bedeutung gewinnt und so ein sich selbst verstärkender neurotische Kreislauf entsteht, der die Problematik am Leben erhält.

Hier wäre besser das Prinzip der gesunden, lebensdienlichen Härte zu empfehlen, welches Sie ja vielleicht auch von der körperlichen Abhärtung zur Stärkung der Abwehrkräfte gegen Erkältungen und andere Krankheiten her kennen.

Um Sie dafür zu gewinnen, möchte ich Ihnen den großen Erfolg der Kneipp-Kindergärten und auch der Wald-Kindergärtenvor Augen führen, wo die Kinder bei jedem Wetter an der frischen Luft in Wald und Wiese spielen, durch Tau- und Schneetreten, sowie durch die vielfältigen belebenden Reize des kalten Wassers, dem lustvollen Wühlen in Erde und Schlamm, dem klettern auf Bäume, bei Schnitzarbeiten und ausgelassenem Singen am Lagerfeuer durchwegs eine überaus stabile körperliche und seelische Gesundheit erlangen. Dadurch sind die Fehlzeiten durch Erkältungen und andere Krankheiten, um ein vielfaches geringer als in den üblichen Kindergärten geworden.

Parallel mit der körperlichen, entwickelt sich dabei auch die seelische Abhärtung, was gleichbedeutend mit der Stärkung der Lebensfreude und der Verbesserung des frohen, unbeschwerten Miteinanders ist!

Angewandt auf Ihre Problematik, würde das bedeuten, daß Sie Ihrer Tochter ausführlich erklären sollten, daß solche Einschlafprobleme keine Grund zur Sorge, oder gar Angst sind und auch bei anderen Kindern und Erwachsenen manchmal vorkommen können.

Sie haben Ihrer Tochter ja schon eine Reihe von Beschäftigungsmöglichkeiten aufgezeigt, die man aber vielleicht noch durch Hör-CDs ergänzen könnte, also kindgerecht Geschichten und Hörspiele auf CD, welche sich Ihre Tochter vor dem Einschlafen anhören könnte. Es gibt dafür auch extra ruhige, die Entspannung fördernde Aufnahmen, welche das Einschlafen deutlich erleichtern.

Das wichtigste aber wäre zu vermitteln, daß Einschlafprobleme immer wieder mal vorkommen und man daraus kein Drama machen darf, sondern versuchen muß, damit selbst zurecht zu kommen, da ja überhaupt nichts schlimmes passieren kann, auch wenn es sich vielleicht vorübergehend ganz schrecklich anfühlt!

Je dringender man versucht einzuschlafen und je mehr man sich darüber sorgt, desto weniger gelingt das Einschlafen! Nimmt man es aber auf die leichte Schulter und beschäftigt sich mit schönen Dingen (Lesen, Malen, Hörbücher, Basteln, Aufräumen usw.) so wird man über kurz oder lang müde und schläft ganz von selbst ein.

Vor allem aber sollten Sie ihrer Tochter klar machen, daß sie in ihrem Zimmer bleiben und sich nicht zu den Eltern ins Wohnzimmer setzen soll, weil sie sonst nicht lernen kann, dieses Problem allein zu bewältigen!

Anfänglich könnten Sie ihr durch ein zusätzliche Gute-Nacht-Geschichte verbunden mit liebevollen Kuscheln und Schmusen den Übergang erleichtern, aber nicht zu lange und in einem ausschleichenden Modus.

Es ist wichtig, daß Kinder lernen, Gefühle der inneren Unruhe, Unlust und Ängstlichkeit in zunehmendem Grade auszuhalten und zu ertragen! Man sollte Kindern in angemessener Weise immer auch etwas Zumuten, weil Sie nur so, die elementar wichtige Fähigkeit der Selbstüberwindung und Selbstregulation lernen können, um ihren zu ermöglichen sich auch in ungewohnten Situationen, z.B. beim Übernachten an einem fremden Ort gut zurecht finden, ohne in Panik auszubrechen!

Darüber hinaus wäre zu prüfen, welche Ängste Ihre Tochter sonst noch plagen z.B. beim Vorsingen, oder Vorsprechen in der Schule, alleine zum Einkaufen gehen, höhere Turngeräte zu benutzen usw. Damit will ich Sie nochmals auf die Wichtigkeit der geistig-seelischen Abhärtung hinweisen, daß man dem Kinde Wege zur Überwindung von Ängsten aufzeigt.

Die beste Möglichkeit in dieser Richtung wäre auch eine gute geführte, außerschulische Kindergruppe, wie sie z.B. von den Pfadfindern angeboten wird, die nicht nur durch Bäche waten, über Baumstämme balancieren, sonder auch durch Nachtwanderungen, Singen am Lagerfeuer und Zelten, den Kindern und Jugendlichen unvergleichlich schöne und vielfältige Möglichkeiten für eine stabile seelischen Entwicklung und für ein beglückendes Gemeinschaftserlebnis ermöglichen.

Natürlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten, wo Kinder außerhalb von Schule und Elternhaus wichtige Überlebenstechniken lernen, wie z.B. in Sportvereinen, beim Reiten- und Voltigieren, in einer Kindertanz-Gruppe usw.

Ich hoffe, liebe Anna, daß ich Ihnen mit meinen Ausführungen eine neue Richtung weisen konnte! Vor allem aber wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie nun von ganzem Herzen viel Kraft und Zuversicht auf dem Wege zur seelischen Stabilisierung Ihrer Tochtcher, damit sie sich in gesunder Weise entwickeln und auch bald ohne Probleme bei Ihren Freundinnen oder Großeltern übernachten und darüber hinaus auch die vielen anderen Abenteuer ihres jungen Lebens mit frohem Mut bestehen kann!

Mit der Bitte um zeitnahe Bewertung dieser kostenlosen Antwort,
Grüße ich Sie für heute recht herzlich als Ihr

Psychomeda-Berater Rainer J. G. Schmidt
Dipl. Sozialpädagoge mit staatl. Therapie-Erlaubnis
Rainerjg@T-Online.de – www.Rainer-JGS.de

P.S.: Wenn Sie noch Fragen haben oder eine Beratung wünschen, so können Sie sich schriftlich oder telefonisch unter 09961/7255 gerne direkt an mich wenden. Vergessen Sie aber bitte nicht, diese kostenlose Antwort zu bewerten und kurz zu kommentieren, denn ich wüßte doch sehr gerne, ob ich Ihnen mit meiner Antwort helfen konnte. Herzlichen Dank und alles Gute!
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielen Dank, Sie haben mein Bauchgefühl fachlich bestätigt!





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