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Sohn zeigt keine Initiative, sich einen Job zu suchen

Zazie (w, 57) aus Deutschland: Ich mache mir Sorgen um meinen 18-jährigen Sohn. Er hat im Juni 2022 sein Fachabitur gemacht, dann ein Studium begonnen, das er aber nach zwei Monaten wieder abgebrochen hat, weil es, seiner Ansicht nach, nicht die richtige Wahl war. In den letzen 1 1/2 Jahren hat er immer mal wieder gejobbt (insgesamt aber nicht länger als 6 Monate). Er treibt regelmäßig Sport, also geht ins Fitnessstudio und zum Boxtraining. Er ist sozial, hat einen festen Freundeskreis,hilft im Haushalt (wenn man ihn deutlich darum fragt). In den letzten drei Monaten hat er jedoch kaum noch gearbeitet, einen festen Nebenjob hat er sich nicht gesucht und auch zum Sport geht er nicht mehr so oft. Er schläft tagsüber bis 12:00 Uhr und dudelt dann planlos durch den Tag. Er zeigt keinerlei Initiative sich einen Nebenjob zu suchen. Auch die Suche nach einem Studium oder einer Ausbildung verläuft nervenaufreibend langsam. Was mir große Sorgen bereitet ist, dass er von sich aus wirklich keine Initiative zeigt. Zuhause führt seine Laxheit zu Spannungen, weil wir seine Rumgehänge schwer tolerieren können und auch nicht wollen. Mein Partner und ich arbeiten beide Vollzeit und finden es total nicht in Ordnung, dass unser Sohn nichts tut. Wenn wir dies mit ihm beprechen, gibt er uns recht und tut dann aber doch nichts. Ich mache mir Sorgen, dass unser Sohn überhaupt nicht in die Gänge kommt und hängen bleibt, also versackt. Wir wissen uns eben keinen Rat mehr und wären dankbar für Ihren Ratschlag.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Zazie,

ich kann gut verstehen, dass Sie sich Sorgen machen, dass Ihr Sohn im Leben hängenbleibt und immer mehr versackt. Es ist offensichtlich ein Abwärtstrend erkennbar: Erst hat er sein Studium abgebrochen, dann hat er unregelmäßig gejobbt und jetzt ist er nur noch zuhause, zeigt keine Initiative, etwas zu ändern, und geht seltener zum Sport, obwohl ihm das bisher offensichtlich sehr wichtig war. Ganz klar, dass Sie sich Sorgen machen. Das ist für alle Beteiligten keine leichte Situation, sowohl für Sie als Eltern, die sich Sorgen machen, als auch ganz sicher für Ihren Sohn, dem es sehr wahrscheinlich auch nicht gut geht. Aber es kann auch wieder aufwärts gehen.

Ich würde in dieser Situation in zwei Richtungen denken: Zum einen kann hinter so einem Verhalten eine Depression oder zumindest eine depressive Stimmung stecken. Eventuell hat Ihr Sohn das abgebrochene Studium als Versagen seinerseits erlebt und glaubt nun nicht mehr so richtig daran, etwas auf die Reihe zu bekommen. Oder ihm fehlt eine Richtung, eine Idee, wohin er im Leben gehen will. Wofür es sich lohnt, aufzustehen und in die Gänge zu kommen. Wir leben ja auch in unruhigen Zeiten, vielleicht kommt da auch noch eine Hoffnungslosigkeit hinzu, ob es sich überhaupt lohnt, in die Zukunft zu investieren. Und natürlich wirkt das Nichtstun selbst auch nochmal verstärkend auf so eine Stimmung. Es kommt zu einem negativen Kreislauf. Dieser ist jedoch auch umkehrbar.

Es wäre sinnvoll zu versuchen, mit ihm ins Gespräch darüber zu kommen, wie es ihm geht, was er sich vorstellt, was ihn aufhält. Nicht mit einer drängenden Haltung, dass sich jetzt sofort etwas ändern muss, auch wenn ich gut verstehe, dass Sie eine schnelle Änderung wollen. Aber es ist vielleicht hilfreicher, ihn erstmal genau zu verstehen, was eigentlich mit ihm los ist, was ihn bewegt, was in ihm vorgeht und was er von Ihnen braucht. Signalisieren Sie ihm, dass Sie für ihn da sind, wenn er mit Ihnen reden möchte, dass Sie ihm zuhören und dass Sie ihn unterstützen, wenn er Ihre Hilfe möchte. Vielleicht ist auch professionelle Hilfe eine Option. Hier wäre ein erster Anlaufpunkt der Hausarzt, der schauen kann, ob depressive Züge oder gar eine Depression vorhanden sind. Man kann aber auch direkt zu einem Psychologen gehen.

Das ist also der eine Punkt, den es zu klären gilt: Wo soll es hingehen? Was bremst? Was kann helfen?

Als zweiten Punkt kann es helfen, wenn zusätzlich zum inneren Antrieb auch eine äußere Notwendigkeit besteht, etwas zu ändern. Ihr Sohn wohnt ja bei Ihnen und scheinbar muss er, außer sich an der Hausarbeit beteiligen, nichts beitragen. Er sitzt quasi im gemachten Nest: Er hat ein Dach überm Kopf und genug zu essen. Das ist natürlich einerseits ein Segen, denn er wird nicht unter der Brücke landen. Und andererseits kann es auch ein Fluch sein, weil dadurch der äußere Anreiz fehlt, etwas zu verändern. Und natürlich drängen Sie, aber Worte kann man immer ganz gut ignorieren. Er ist ja inzwischen volljährig, so dass es durchaus vertretbar ist, ihm auch diesem Bereich mehr Verantwortung zu übertragen. Konkret meine ich damit, dass Sie – vielleicht mit ein, zwei Monaten Vorlauf - einen festen Betrag vereinbaren, den er monatlich zu Kost und Logis beisteuern muss, so lange er noch bei Ihnen wohnt.

Es geht also um die berühmte Mischung aus Fördern und Fordern: Für ihn da sein, ihm bei seinen offensichtlichen Schwierigkeiten unterstützen und gleichzeitig ihn auch in einem angemessenen Rahmen in die Verantwortung nehmen.

Ich hoffe, das hilft Ihnen ein Stück weiter. Wenn noch etwas unklar ist oder Sie Fragen haben, können Sie mich gerne per Email kontaktieren: info@loesbar-online.de

Alles Gute für Sie und Ihren Sohn!

Viele Grüße
Astrid Hiersekorn
Bewertung durch den Fragensteller:
Dank der professionellen Sicht der Psychologin auf den Konflikt und die konkreten Ratschläge fühle ich mich nicht mehr hilflos.





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