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Der Sohn meines Partners muss so viel lernen und ist schlecht in der Schule

Danny (w, 40) aus Karlsruhe: Liebes Team, der Sohn meines Partners ist derzeit 16 Jahre alt. Er besucht die 10. Klasse eines Gymnasiums, welches einige Fächer (Biologie...) in englischer Sprache unterrichtet. Seine Noten sind schlecht, Mathematik 5 ist nur ein Beispiel. Er ist versetzungsgefährdet. Seit mehreren Jahren nimmt er zwei Mal wöchentlich 1,5h am Nachhilfeunterricht beim Studienkreis teil. Die Tage der Nachhilfe werden an einen Schultag angehängt, an welchem der Junge bis 17 Uhr Schule hat. Der Papa holt den Sohn dann von der Schule ab, damit er schnell noch etwas essen kann und bringt ihn dann 17.30 Uhr zur Nachhilfe. Erst 19 Uhr kommt der Sohn nach einem Monster-Lerntag dann nachhause. Mir stellt sich die Frage, ob ein Kind überhaupt in der Lage ist, nach so einem langen Schultag noch Lernstoff aufzunehmen? Ist es nicht herausgeschmissenes Geld und unendlicher Stress für das Kind, wenn man nach diesem langen Lerntag noch in die Nachhilfe geht? Müsste nicht auch der Studienkreis beratend wirken und darauf hinweisen, wenn diese Form der Nachhilfe keinen Erfolg bringen kann? Wieviele Stunden ist ein Kind pro Tag aufnahmefähig für Lernstoff und wie kann man diese Situaton entschärfen oder anders lösen? Vielen Dank.
Liebe Grüße Danny

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Danny,

danke für Ihre Anfrage, es ehrt Sie, dass Sie sich viele Gedanken um den Sohn Ihres Partners machen.

Um die Lerninhalte und Abläufe am G 8 werden und wurden viele Arbeitskreise gebildet, Beschlüsse gefasst und wieder umgeworfen. Ich wundere mich nicht mehr, wenn Jugendliche an Erschöpfungsdepressionen leiden, auf neudeutsch Burn Out, denn die Tage sind derart vollgestopft, dass diesen Kindern und Jugendlichen meiner Meinung nach etwas überaus Wertvolles gestohlen wird, nämlich ihre Jugend, die eigentlich noch unbeschwerte Zeit, die nie mehr zurück kommt. Aber sie haben alle mehr Arbeitsstunden als Erwachsene in der 40 Stunden-Woche. Viele Eltern glauben, der Weg ins Leben und in die Lebenstüchtigkeit geht nur über das Abitur, doch das ist ein Trugschluss. Die Mehrheit der Firmen in Deutschland tut das Ihre dazu, dass immer mehr junge Menschen überfordert werden und nicht mehr mit dem Tempo und den Anforderungen der heutigen Gesellschaft mithalten können. Das Ende sehen wir jeden Tag, Sucht in jeder Ausprägung, Erschöpfung, Orientierungslosigkeit, Verweigerung, Lebensunfähigkeit. Eltern haben auch dafür die Verantwortung, dem entgegen zu wirken und ihrem Kind ein menschliches Leben zu ermöglichen, nicht pausenlos über seine Grenzen zu gehen und die eigenen Vorstellungen verwirklichen zu wollen aus lauter gut gemeinter Elternliebe und vor allem falschem Ehrgeiz. Wer steht denn noch dazu, wenn das Kind 'nur' die Hauptschule besucht hat?

Kein Mensch kann ununterbrochen lernen und Ihre Frage nach der Verantwortung des Studienkreises ist schon berechtigt. Aber vergessen Sie nicht, es geht auch um den schnöden Mammon und der Ehrgeiz der Eltern spielt den Nachhilfeinstituten natürlich in die Hände. Die werden sich nicht den Ast absägen, auf dem sie sitzen... Warum merkt der Vater nicht, was los ist? Oder will er es nicht sehen, glaubt womöglich, eigene nicht erfüllte Träume muss sein Sohn nun für ihn erfüllen? Warum ist der Sohn nicht in einem deutschsprachigen Gymnasium und wo ist seine Mutter, die schließlich auch Verantwortung hat?

Warum wechselt der Junge nicht die Schule? Wurde er schon mal gefragt, was er eigentlich will? Nachdem er schon mehrere Jahre Nachhilfe bekommt, wage ich zu behaupten, er ist auf der falschen Schule. Wenn einmal all diesen Fragen nachgegangen würde, könnte die Situation schon entschärft und entzerrt werden. Es geht vielleicht auch darum, dass die Eltern, evtl. speziell der Vater nicht glauben kann und will, dass man auch ohne Abitur seinen Weg gehen kann und das dann eher Erfolg zeitigt, als wenn das Kind gegen seine Talente in die falsche Schule gesteckt wird. So zementiert sich auch beim Sohn die Vorstellung mit jeder schlechten Note mehr: Ich bin ein Versager und vielleicht wird dies zuhause noch gefördert. Das weiß ich nun natürlich nicht, ich stelle einfach Vermutungen an.

Wichtig wäre, dass sich beide Eltern der Verantwortung stellen, sich mit dem Sohn zusammen setzen und einmal klar Schiff machen. Es ist noch nicht zu spät, die Schule zu wechseln oder sich für eine Ausbildung zu entscheiden, die oftmals noch ganz andere Wege aufzeigen kann, die der Betroffene dann gerne und von selbst geht.

Ich kann mir vorstellen, dass es für Sie als Aussenstehende nicht leicht ist, da zuzusehen und nicht so viel Einfluss nehmen zu können. Sie jedoch kennen die Lage besser als ich und können versuchen, zu intervenieren. Erhoffen Sie sich aber nicht zu viel. Versuchen Sie, dem Jungen eine Stütze zu sein, eine Anlaufstelle, an die er sich in Not wenden kann.

Ich wünsche dem Jungen alles Gute und eine positive Veränderung, wie auch immer die aussehen wird!

Herzliche Grüße

Claudia Schmitt

Heilpraktikerin für Psychotherapie

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