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Mein zwölfjähriger Sohn geht wenig achtsam mit seinen Sachen um, will aber mehr Geld haben!

birgit (w, 40) aus vechta:

Hallo, liebe Psychomeda-Berater!
Wir haben vor kurzem das gesamte Lego-Spielzeug meines Sohnes (12) verkauft und dafür 200 Euro bekommen. 150 Euro wollte er für ein Fußballcamp im Urlaub dazugeben und den Rest als Urlaubsgeld.

Nun will er da doch nicht mehr hin und das Geld so ausgeben und ich würde es am liebsten auf sein Sparbuch bringen. Nun hatte ich ihm neulich drei gute neue Hosen gekauft, die er allerdings gleich zum Fußballspielen anhatte und die nun schon ziemlich runter gekommen sind.

Auch hat zwei neue Jacken in der Schule vergessen, weil es ihm immer zu warm war. Ich sagte ihm, ich würde einen Teil des Geldes behalten, bis die Jacken wieder da wären, doch er findet es nicht mal für nötig, nach diese Jacken zu schauen.

Auch für die ruinierten Hosen möchte ich ihm die Hälfte abziehen. Doch jetzt gibt es deswegen täglich Streit. Er behauptet ich wäre pingelig und er hätte das Recht, selbst zu entscheiden, was er mit dem Geld mache!

So langsam geht mir nun die Geduld aus. Reagiere ich übertrieben, wenn ich einen Teil des Geldes einbehalte? Liebe Grüße von Birgit

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:


Hallo, liebe Birgit!
Mit Beginn der Pubertät werden Kindern echt schwierig, aber es spricht sehr für Sie, daß Sie sich über das richtige erzieherische Vorgehen Gedanken machen und extra bei uns Nachfragen, wie Sie sich am besten verhalten sollten!

Vielen Dank, daß Sie uns hier so vertrauensvoll Ihr Mutterherz ausschütten! Gerne will ich Ihnen helfen den richtigen Weg durch den herausfordernde, stoppelige pubertäre Stolperfeld zu finden.

Ihr Sohn lebt offensichtlich in finanzielle gut gesicherten Verhältnissen, denn wenn die gebrauchten Lego-Steine die erstaunlich hohe Summe von 200,- € eingebraucht haben, dann müßten Sie ja neu ein vielfaches davon gekostet haben.

Ihr Sohn, der in typisch pubertärer Manier beginnt, auf lieblose und freche Art unangemessene Forderungen zu stellen, braucht jetzt in Ihnen eine starke, selbstbewußte Bezugsperson, an der er sich reiben kann, um seine eigenes Wertesystem zu entwickeln. Er braucht die Möglichkeit Grenzen austesten zu können, da die kindlichen Selbstverständlichkeiten für ihn an Bedeutung verlieren und er sein Macht über die Gestaltung seines Lebensbereiches erproben will.

Leider machen es sich heute – bedingt durch den allgemeinen Wohlstand - viele Eltern allzuleicht, indem Sie dem sie den oft unvernünftigen kindlichen Wünschen und Forderungen viel zu schnell und zu sehr entgegen kommen, ohne zu Bedenken, wie überaus wichtig das Erleben von Grenzen und das verstehen lernen der Hintergründe und Lebenszusammenhänge für die menschliche Entwicklung und persönliche Reifung des Kindes und Jugendlichen sind.

Ein angehender Jugendlicher muß erst lernen, daß ihm anvertraute Gut zu schätzen zu pflegen und dafür dankbar zu sein und vor allem sollte er deutlich spüren, daß man sich auch in unserer Wohlstandsgesellschaft jeden Euro hart erarbeiten muß.

Sie, liebe Birgit haben sich wirklich ehrlich bemüht, den Wünschen Ihres Sohnes gerecht zu werden, aber andererseits aber auch die nötige finanzielle Sorgfalt und Voraussicht zu beachten.

Doch nach meinem Gefühl sind Sie ihrem Sohn schon viel zu sehr entgegen gekommen, indem Sie seinen wechselnden Launen nachgaben, da er das geplante Fußballcamp einfach ausfallen lassen will, nur weil er dem Lockruf den Geldes nicht wiederstehen kann und am liebsten die ganzen Einnahmen auf einmal ausgeben würde.

Später, wenn er dann mitbekommt, wie sich seine Kameraden auf das Fußballcamp freuen, wird er wahrscheinlich trotzdem dessen Finanzierung von Ihnen verlangen, da Fordern und Verlangen allemal bequemer ist als Sparen und selbst Verdienen und Erarbeiten!

Auch müssen Kinder lernen, daß man einmal getroffene Entscheidungen und Abmachungen, nicht einfach so nach Tageslaune umstoßen kann und das ist nun mal die nicht immer leichte Aufgabe der Eltern, hier eine gerade und verantwortungsvolle Linie und Verhaltensweise einzufordern und durchzusetzen.

Außerdem ist so eine Feriencamp ein ganz wichtiges Lernfeld für einen Zwölfjährigen, das man auf keinen Fall ausfallen lassen sollte, da derlei Ferienabenteuer oft für ein ganzes Leben prägen und zum wichtigsten Erinnerungsgut werden. Ein Verzicht auf das Ferienlager hieße auch, sich aus den wichtigsten Gemeinschafserlebnissen der Fußballfreunde auszuklinken und dadurch seine gute Einbindung zu gefährden.

Offensichtlich hat Ihr Sohn es bis jetzt auch noch nicht gelernt, pfleglich und verantwortungsvoll mit seinen Sachen umzugehen und es liegt an Ihnen dies einzufordern und auch notfalls auch einzuteilen und ihm z.B. die guten Hosen nur zu bestimmten Anlässen herauszugeben. Erst wenn Sie sicher sein können, daß er Fußballhosen, von Sonntagshosen klar zu unterscheiden gelernt hat, sollten Sie ihm die freie Verfügung darüber erlauben.

Ihr Sohn ist sich offensichtlich seiner Recht und Pflichten nicht klar bewußt, sondern geht von der irrigen Meinung aus, daß er über das eingenommen Geld frei verfügen könne, obwohl er erst 12 Jahre alt ist. Hier gilt es die klaren rechtlichen Verhältnisse aufzuzeigen und ihm bewußt zu machen, daß er grundsätzliche alle, besonders aber größere Ausgaben nur mit Einverständnis der Eltern tätigen darf.

Auch ist ihm offensichtlich das elementare Grundwissen über Geben und Nehmen, den verantwortungsvollen Umgang mit den ihm anvertrauten Gütern und die Treue zu einmal getroffenen Entscheidungen noch nicht so recht geläufig. Hier gilt es in gemeinsamen Gesprächen und vor allem in deutlichen Grenzziehungen, dieses Wissen zu erarbeiten und zu Verinnerlichen.

Wenn er sich um seine teueren Jacken nicht kümmert, dann sollten Sie sich auch nicht um die Bezahlung seines Taschengeldes oder seines Funktelefones kümmern. Ebenso kann die Begrenzung des TV- und PC-Konsumes in Verbindung mit den entsprechenden erzieherischen Gesprächen, eine gutes Heilmittel gegen verantwortungsloses Handeln und freches Nörgeln sein.

Als Elternteil ist man verloren, wenn man sich auf aggressive, fordernde Diskussionen von Jugendlichen einläßt. Schon gar nicht sollte man sich täglichen, nörgelnden und lieblos nervenden Forderungen aussetzen. Hier müssen Sie ein klares Stopsignal setzen und dürfen Ihre kostbare Seelenkraft nicht sinnlos verpulvern!

Gespräch in gegenseitiger Achtung sind gut und wichtig, aber es müssen immer die elementaren Regeln der Höflichkeit und des Anstandes eingehalten werden. Es schadet nicht, wenn es dann auch mal ein paar Tage eine Funkpause gibt, aber ihr Sohn muß wissen, was er ihnen zu verdanken hat und wie sehr er von Ihnen und Ihrem Wohlwollen abhängig ist, denn nur so kann er die Funktion des Lebens, der Welt und des guten Miteinanders verstehen und schätzen lernen.

Also langer Rede kurzer Sinn: Sie machen es absolut richtig, wenn Sie einen Teil des Geldes einbehalten und die sinnvolle Ausgabe des anderen Teiles überwachen und vor allem Ihren Sohn in Rede und Handlung deutliche Grenzen aufzeigen!

Liebe Birgit, ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen Worten wieder neuen Mut zur Einhaltung der wichtigsten, lebensdienlichen Erziehungsregeln machen konnte! Vor allem aber wünsche ich Ihnen nun von ganzem Herzen viel Kraft und Zuversicht, bei der selbstbewußten und doch liebevollen Umsetzung klarer Grenzen! Sie werden bald erkennen, daß zu einer gute Erziehung immer auch gesunde, lebensdienliche Härte erforderlich ist, damit sich Kinder zu lebensfrohen und lebenstüchtigen Menschen entwickeln können!

Für heute Grüße ich Sie recht herzlich als Ihr
Psychomeda-Berater Rainer J. G. Schmidt

P.S.: Über eine umgehende Bewertung und kurze Kommentierung meiner Antwort würde ich mich sehr freuen!
Bewertung durch den Fragensteller:
Ganz toll, umfangreiche und helfende Antworten. Vielen Dank





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