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Mein 23-jähriger Sohn lebt auf meine Kosten, kümmert sich nicht um Arbeit und bestiehlt mich obendrein!

Ella (w, 47) aus Schweiz:

Guten Tag!
Mein Sohn ist 23 Jahre alt und seit langer Zeit Gamesüchtig. Er hat zwei Ausbildungen abgebrochen und ist nun schon seit einigen Jahren immer wieder Arbeitslos!

Sein Leben ist das Gamen - also intensives, suchtartigtes Computer-Spielen - am Tag und in der Nacht. Bodybuilding, das er etwa dreimal die Woche betreibt, ist ihm auch noch wichtig, aber sonst hat er kaum andere Interessen. Seine Rechnungen bezahle aber immer noch ich selbst!

Dies ist allerdings eine grosse Belastung für mich, denn seit gut einem Jahr bin ich Witwe und ich habe ja auch noch vier jüngere Kinder.

Meine Kreditkarte heimlich für neue Spiele zu benützen, war anscheinend kein grosses Problem für ihn, was mich sehr verletzt hat.

Wir brauchen unbedingt externe Hilfe, doch da mein Sohn volljährig ist bin ich immer wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass er diese aus Eigeninitiative in Anspruch nehmen müsste und mir ansonsten die Hände gebunden sind.

Ich wünsche mir, dass er auszieht und endlich selbst die Verantwortung für sein Leben übernimmt. Was kann ich tun, wie gehe ich da vor? Besten Dank für Ihre Antwort! Freundliche Grüsse - Ella

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:


Vielen Dank, liebe Frau Ella,
daß Sie uns hier so vertrauensvoll Ihr sehr zu recht entrüstetes Mutterherz ausschütten! Gerne will ich versuchen Ihnen einen Weg aus dieser so unguten und für alle Beteiligten gefährlichen Verstrickung zu zeigen!

So wie heute leider immer mehr junge Leute aus durchaus geordneten Verhältnissen, so ist offensichtlich auch Ihr Sohn der Wohlstands-Verwahrlosung und gröbster Pflichtvergessenheit anheim gefallen, obwohl sein Eltern es sicherlich immer gut mit ihm gemeint haben!

Leider befördert der herrschende Zeitgeist in ein falschen Erziehungsideal, welches durch übergroße Freiheit, mangelnde Wertevermittelung und vor allem fehlende gesunde, lebensdienliche Härte gekennzeichnet ist! Auch wenn die Eltern sich dagegen stemmen, so ist doch der Einfluß von Schule, Umwelt und Medien heute so ausgeprägt und machtvoll, daß manche Fehlentwicklungen manchmal kaum zu verhindern sind.

Die von Ihnen beschriebenen, traurigen und höchst verletzenden Erfahrungen sind heute mittlerweile schon zu einem Klassiker der Elternsorge und der Erziehungs- und Lebensberatungsstellen geworden.

Trotz bester Förderung und ausreichender Fähigkeiten verweigern sich leider immer mehr gesunde junge Mensch ihren schulische, beruflichen und auch allgemein menschlichen Pflichten gegenüber sich selbst, den Eltern und der Gesellschaft und versuchen in verantwortungsloser Weise auf Kosten der Allgemeinheit ein bequemes, aber höchst beschämendes, selbst- und fremd-schädigendes Leben zu führen!

Wenn diesen jungen Menschen dann nicht rechtzeitig, klar und deutlich die nötigen Grenzen und Pflichten aufgezeigt werden, so rutschen sie zunehmend in ein pflichtvergessenes, asoziales und nicht selten sogar höchst gefährliches Sucht-Verhalten und andere noch weit aus schlimmere, oft auch kriminelle Verhaltensweisen hinein!

Die Ursachen dieses ungute Verhaltens sind ganz klar im zunehmenden Werteverfall, der übergroßen Freiheit und nicht zuletzt auch in der neuen, suchterzeugenden Medienwelt unserer - so noch nie dagewesen - westlichen Wohlstandsgesellschaft zu suchen, was viele junge Leute beim Übergang in ein selbstverantwortliches Erwerbsleben zunehmend scheitern läßt, denn die Jugend braucht nun mal - bei allem Verständnis und elterlicher Liebe - auch eine gewisses Maß an lebensfördernder, gesunder Härte, um für ein selbstverantwortliches Leben gerüstet zu sein!

Vor allem sollte man als Eltern, bei dauerhaftem Fehlverhalten, immer darauf bedacht sein, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen, also die finanziellen Zuwendungen und Dienstleistungen einstellen - um so die jugendlichen - oder oft auch schon erwachsenen Kindern - mit der harten Wirklichkeit des Lebens zu konfrontieren!

Obwohl Sie liebe Ella und wahrscheinlich auch Ihr Mann, oder der Vater des Jungen - sicherlich immer nur das Beste für Ihren Sohn wollten, so haben Sie doch möglicherweise durch ein allzu langes verständnisvolles und großherziges Unterstützen, Dulden und Zusehen - unwillentlich sein Abgleiten in ein bequemes, verantwortungsloses, selbstsüchtiges Leben befördert und sind dabei zu coabhängigen Familienangehörigen geworden - wie es in der Fachsprache heißt!

Sie ermöglichten durch Ihre Geduld, Ihr Geld und Ihre vielfältigen Dienstleistungen Ihrem Sohn es ja im Grunde erst, so lange auf diese ungute Weise, auf Ihre Kosten und zum großen Schaden für alle Beteiligten, sich seinen selbstverständlichen Pflichten zu entziehen und sich in höchst selbstschädigender Weise so unerträglich fordernd und beleidigend zu verhalten, zu Hause vor dem PC zu versumpfen und sich aller Erfahrung nach auch noch nebenher verschiedene Genußgifte, oder vielleicht auch noch den einen oder anderen Joint zu gönnen und sich so, mit der Unterstützung seiner Eltern dem wirklichen Leben zu verweigern!

Die einzig richtige Maßnahme, die sich in solchen Fällen in der Praxis bewährt hat ist, endlich die übergroße und so bequeme, aber höchst schädliche Fürsorge zu beenden und dem längst erwachsenem Sohne deutlich seine Grenzen und Pflichten aufzuzeigen!

Mit anderen Worten, Sie müßten Ihrem Sohn im Rahmen eines sehr eindringlichen Gespräches, - vielleicht sogar unter Zeugen und am besten auch zusätzlich noch in schriftlicher Form - unmißverständlich klar machen, daß Sie ab sofort Ihre schon viel zu lange währende mütterliche Fürsorge beenden, er sich ab jetzt seine Wäsche selber waschen müsse und bis zu einem bestimmten Termin Ihre Wohnung zu verlassen habe!

Insbesondere müsse er sich innerhalb der gesetzten Frist - im Benehmen mit den zuständigen Behörden und sozialen Einrichtungen - selber um Arbeit und Wohnung bemühen, da kein weiteres Verbleib im Hotel Mama mehr geduldet würde! Lediglich eine kleine finanzielle Starthilfe für den pünktlichen Übergang in sein selbstbestimmtes Leben könnten Sie ihm noch gewähren.

Falls sich Ihr Sohn dann trotzdem weiterhin auf seine Eltern verlassen und nichts unternehmen sollte, dann wird er sich bei den zuständigen Ämtern arbeits- und obdachlos melden und erst einmal in einer Notwohnung des Sozialamtes vorlieb nehmen müssen!

Um ihn aber so weit zu bringen, müßten Sie und aber unbedingt bereit sein, den Rauswurf zum gesetzten Zeitpunkt auch wirklich durchzuführen, das Schloß austauschen lassen, seine Habe in Müllsäcken vor die Haustür stellen und gegebenenfalls auch seinem weinerliches Bitten und Betteln tapfer widerstehen, wofür Sie gut vorbereiten sollten, um letztlich nicht als zahnloser Tiger dazustehen, was die ganze Sache nur noch sehr verschlimmern würde!

Bei der freien Wohlfahrtsverbänden wie AWO, Diakonie, oder Caritas, oder staatlichen Einrichtungen könnte sich Ihr Sohn dann jederzeit auch Rat und Hilfe holen, die ihm sein Eltern verständlicher Weise nicht weiter gewähren wollen, solange er sein Leben nicht selbst in die Hand nimmt!

Außerdem muß in den deutschsprachigen Ländern ganz gewiß niemand hungern, oder auf der Straße übernachten, denn gerade für junge Leute gibt es nirgendwo dermaßen viele, bestens organisierte Hilfsangebote und auch finanzielle Förderungsmöglichkeiten, wenn nur von Seiten des Antragsstellers wenigstens ein Mindestmaß an Mitarbeit und Pflichtbewußtsein gezeigt wird!

All dies wäre dann für Ihren Sohn eine zwar ziemlich kalte, aber sicherlich sehr heilsame und belebende Dusche, denn erst wenn der Leidensdruck groß genug ist, bequemen sich erfahrungsgemäß so manche verwöhnte junge Menschen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und auf die eigenen Kräfte zu besinnen. Dies gelingt aber meist nur dann, wenn es wirklich ums nackte Überleben geht und die Eltern nicht mehr nur reden, sondern absolut unmißverständlich und konsequent handeln und zu keinen Kompromissen mehr bereit sind!

Ich habe es schon oft erlebt, daß dermaßen aus dem Nest geschubste Flugverweigerer, nach einer gewissen Übergangszeit letztlich aufrichtig dankbar waren, weil sie klar erkannten, daß sie alleine sonst wohl kaum den Absprung aus ihrer so bequemen Verweigerungshaltung und innerer Haltlosigkeit geschafft hätten und dann letztlich zu recht stolz drauf waren, ihr Leben selbständig meistern zu können!

Darüber hinaus sollten Sie auch schon jetzt damit die beginnen, die Daumenschrauben kräftig anzuziehen, und von Ihrem Sohn zum Beispiel verlangen, sein Wäsche selber zu waschen und andre häuslichen Pflichten zu erfüllen. Solange Ihr Sohn auf Ihre Kosten noch bei Ihnen wohnt, hat er sich nun mal an die Hausordnung zu halten und auch seinen Teil zum Funktionieren des Familienalltages beizutragen!

Konkret hieße das zum Beispiel, sein Taschengeld auf ein Minimum, oder ganz auf Null zu reduzieren, den Strom zu seinem Zimmer zeitweilig abzustellen, den Medienkonsum auf bestimmte Stunden zu begrenzen und ihm nötigenfalls dann auch den Internet-Anschluß zu kappen. Ein Schloß vor dem Kühlschrank könnte ihn vielleicht auch dazu bewegen, die familiären Essenszeiten einzuhalten usw.

Doch dies sind alles nur Hinweise dafür, in welche Richtung Sie – je nach Ihren häuslichen Gegebenheiten - denken und handeln sollten, da nur klare, konsequente Taten ein Umdenken bei Ihrem Sohne bewirken können. Auch eine Anzeige wegen Diebstahles, Drogenkonsumes oder anderem hat sich als Druckmittel bestens bewährt, wozu auch die regelmäßig Kontrolle seines „Kinderzimmers“ gehören würde!

Falls Sie sich aber bei der Umstellung auf gesunde Härte überfordert fühlen sollten, so empfehle ich Ihnen sich von fachkundiger Seite, zum Beispiel von einem Wohlfahrtsverband (Caritas, Diakonie, AWO), dem Psychosozialen-Dienst, oder auch von einem freiberuflichen Lebensberater oder Therapeuten unterstützen zu lassen und sich einige hilfreiche Beratungsstunden zu gönnen!

Liebe Frau Ella, ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen Ausführungen wieder etwas Mut machen und eine neue Richtung weisen konnte!

Denken Sie bitte an Ihre begrenzten Kräfte, an Ihre anderen Kinder und daß es jetzt für Sie auch darum geht, sich von dieser unerträglich Last zu befreien, Ihren Sohn und Ihre anderen Kinder vor seinen zerstörerischen Verhaltensweisen zu bewahren und um ihm so einen guten Start in ein selbständiges Leben zu ermöglichen!

Mit der Bitte um eine baldige Bewertung dieser kostenlosen Antwort
Grüße ich Sie für heute recht herzlich als Ihr

Psychomeda-Berater Rainer J. G. Schmidt
Dipl. Sozialpädagoge mit Psychotherapie
Rainerjg@T-Online.de – www.Rainer-JGS.de

P.S.: Wenn Sie noch Fragen haben oder eine Beratung wünschen, so können Sie sich gerne schriftlich oder telefonisch unter 09961/7255 direkt an mich wenden. Vergessen Sie aber bitte nicht, diese Antwort zu bewerten und kurz zu kommentieren, denn wüßte doch gerne, ob ich Ihnen mit meiner Antwort ein Stück weiter helfen konnte? Herzlichen Dank und alles Gute!
 
Bewertung durch den Fragensteller:
Besten Dank für Ihre sehr hilfreiche Antwort! Ich fühle mich verstanden, weiss aber auch, dass konkrete Schritte anstehen!

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