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Ich habe Angst, dass mein Sohn seine Ausbildung nicht beginnt

Emmi (w, 47) aus Wetzlar : Liebes Therapeuten Team,
mein Sohn ist , 21 Jahre alt. Er hat sein Fachabitur im 12. Schuljahr hingeschmissen. Seine Ausbildung, die er angeblich nur wegen uns gemacht, hat er nach 6 Wochen abgebrochen. Ihm hat es nicht gefallen! Daraufhin habe ich ihn gefragt, was er gerne machen möchte. Ich unterstütze dich dabei. Er hat sofort gesagt, dass er bei einem großen bekannten Unternehmen seine Ausbildung als Kaufmann beginnen möchte. Er hat nach zwei Tagen Probearbeiten die Ausbildungsstelle bekommen. Das Unternehmen hat ihm noch Mietzuschuss angeboten, so dass er dort hinziehen kann. Er war am Anfang total begeistert. Nach über 60 Absagen haben wir endlich eine kleine bezahlbare Wohnung mit Balkon für ihn gefunden. Mittlerweile will er da gar nicht mehr hinziehen, weil er seine Freunde vermissen wird. 40 min Autofahrt!!! Die Wohnung ist ihm auch nicht gut genug. Ich habe jetzt Angst, weil er seit November nicht mehr arbeiten geht, sondern tagsüber schläft und nachts unterwegs ist, dass er seine Ausbildung gar nicht erst beginnt. Ich wollte Sie fragen, ob ich den richtigen Weg gehe, wenn ich ihm sage, dass ich die Wohnung bezahle und für alles andere muss er aufkommen, so dass er endlich lernt, mit Geld umzugehen und sein Leben in den Griff bekommt. Sogar die Einrichtung würde ich bezahlen. Er ist total verwöhnt und wird aggressiv, wenn er kein Geld oder kein Auto hat. Ich vermute, dass er mit sich selber und mit seinem Leben nicht zufrieden ist. Er hat keine guten Freunde und ich vermute, dass er etwas mit Drogen zu tun hat.
LG

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Emmi,

das klingt nach einer schwierigen Situation und ich kann gut verstehen, dass Sie sich große Sorgen um Ihren Sohn machen, dass er die Ausbildung nicht beginnt und was dann aus ihm werden soll. Es klingt auch danach, als wäre das ein komplexeres Problem, das schon längere Zeit besteht und womöglich auch tiefere Ursachen hat.

Schauen wir aber erstmal auf die aktuelle Situation: Ihr Sohn wohnt aktuell noch bei Ihnen, nehme ich an? Wenn er den ganzen Tag schläft und nachts unterwegs ist, scheint er auch wenige bis keine Verpflichtungen zu haben? Gleichzeitig hat er aber allerlei Annehmlichkeiten: ein Dach über dem Kopf, Geld und sogar ein Auto. Das ist nicht schlecht für einen Erwachsenen, der im Prinzip nichts dafür tut. Gleichzeitig führt so ein bequemes Leben aber auch selten zu Zufriedenheit.

Um etwas zu verändern im Leben, ist es am besten, wenn es zwei Kräfte gibt: Eine motivierende, die einen zu einem Ziel hinzieht, und eine treibende, die einem von etwas wegschiebt. Es kann durchaus eine Rolle spielen, wenn auch sicher nicht die einzige, dass es Ihr Sohn gerade sehr bequem bei Ihnen hat und er dadurch keinen Antrieb hat, das aufzugeben, zumal eine neue Situation ja auch immer mit Unannehmlichkeiten zu tun hat (Wohnung ist nicht genehm, Freude weit weg) und er ja bisher noch nicht lernen musste, mit so etwas umzugehen.

Ich denke, der Weg, dass er mehr Verantwortung für sich und sein Leben übernehmen muss, ist hier durchaus angeraten. Dabei ist es möglicherweise auch sinnvoll, nicht nur die neue Situation angenehmer zu gestalten und es ihm dort möglichst leicht zu machen, sondern auch die aktuelle Situation etwas unangenehmer.

Ihr Sohn ist ja mit 21 Jahren erwachsen und das heißt, letztlich ist es alleine seine Entscheidung, ob er diese Ausbildung anfängt oder eine andere oder ob er lieber den ganzen Tag schlafen und sich die Nächte um die Ohren schlagen und Drogen nehmen will. Das ist sicher alles andere als leicht für Sie als Mutter, weil Sie ja das Beste für Ihr Kind wollen. Sie können ihn aber leider nicht wirklich zu etwas bringen, was er selber nicht will. Er ist eben kein Kleinkind mehr, wo das noch funktioniert.

Sie dürfen aber wie gesagt deswegen auch gleichzeitig mehr Verantwortung von ihm erwarten, also dass er sich an den Lebenshaltungskosten beteiligt bzw. für seine Kosten selbst aufkommen muss, auch wenn er die Ausbildung nicht annehmen sollte. Das kann durchaus dazu führen, dass er dadurch eben auch lernt, mehr Verantwortung für sich zu übernehmen und sich seine Haltung dadurch ändert. Rechnen Sie aber damit, dass er darauf sicher erstmal alles andere als begeistert reagieren wird, wenn er es, wie Sie schreiben, bisher anders gewöhnt ist. Durch das Verwöhnen entsteht oft eine Anspruchshaltung, d.h. man denkt, dass man ein Recht auf die Annehmlichkeiten hat, die man bisher kannte. Sie brauchen hier sicher sowohl Verständnis, als auch Konsequenz und Durchhaltevermögen.

Ich würde Ihnen auch empfehlen, sich weitere Unterstützung zu suchen, vor allem, weil Sie auch das Thema Drogen angesprochen haben. Ich vermute aus meiner Erfahrung heraus, dass hier auch mehr dahintersteckt, als einfach ein ein bisschen verwöhntes Kind, und dass es darum auch leider keine schnelle und einfache Lösung gibt. Was nicht heißt, dass es keine gibt. Ich bin mir sicher, dass es auch in Ihrer Situation eine Besserung geben kann. Es kann aber hilfreich sein, wenn Sie eine professionelle Unterstützung haben, die Sie auf diesem Weg begleitet, so dass Sie ihn nicht alleine bestreiten müssen.

Ich hoffe, das hilft Ihnen etwas weiter. Dann würde ich mich über eine positive Bewertung freuen. Wenn aber noch etwas unklar ist oder Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich gerne unter meiner Email-Adresse an mich.

Alles Gute für Sie und viele Grüße
Astrid Hiersekorn
Bewertung durch den Fragensteller:

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