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Große Trauer und Wut unter dem Kummerspeck

silke (w, 45) aus Mettingen: Hallo,Die Tochter meines Mannes, Lisa 12 Jahre alt, lebt bei ihrer Mutter und ist alle 14 Tage und in den Ferien bei uns.Problem ist: Lisa hat mind. 30 KG Übergewicht angesammelt seit der Trennung ihrer Eltern. Wir achten,auf die Ernährung, aber 2 Tage reichen da leider nicht aus. Sie ist total unglücklich und erzählt uns, das ihre Mutter nur die fettesten und ungesündesten Gerichte kocht und Lisa zwingt, entweder zu essen oder gar nichts. Lisa ist für ihre 12 Jahre wirklich schon sehr vernünftig und würde sich gesund ernähren, wenn ihre Mutter es unterstützen würde. Auch in schulischen Dingen wird sie kein bisschen unterstützt, somit ist sie in der Schule auch sehr schlecht geworden. Mein Mann kann auch nicht mit seiner Ex reden, die macht total dicht.Weil Lisa so dick ist, wird sie in der Schule gemobbt.Sie ist wirklich sehr unglücklich.Es wird nicht zum Augenarzt gegangen, nicht zum Zahnarzt, Orthopäde.Lisa bekommt kaum Kleidung. Obwohl sie es sich leisten kann. Mein Mann versucht sich wirklich so gut wie möglich zu kümmern (ich natürlich auch). Da er aber beruflich viel unterwegs ist und auch 50 km entfernt wohnt, ist das oft schwierig. Wie kann man einer Mutter klar machen, das sie sich besser um ihre Tochter kümmern muss, das ihre Tochter unglücklich ist.Wir haben auch schon überlegt, sie zu uns zu nehmen, das ist aber auch nicht so einfach, zumal Lisa ihre Mutter auch sehr liebt, trotz allem. Sie würde dann wiederum wahrscheinlich auf andere Weise leiden.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Silke,

Ihre eindrückliche Schilderung von Lisa's Kummer geht mir ans Herz und wie ich lese, auch Ihnen und Ihrem Mann.

Lisa hat eine Mutter, die sie liebt, die aber selbst höchstwahrscheinlich psychische Probleme hat. Mangelnde Fürsorge von Eltern passiert nie wirklich aus böser Absicht, sondern weil diese selber überfordert, unreif oder gar traumatisiert sind.
Ich weiß nicht, wie Lisas Mutter vor der Trennung war, aber wahrscheinlich hat sie die Trennung nicht wirklich gut überwunden.

Sicher ist aber, dass Lisa die Trennung nicht verkraftet hat und dass die 30 kg Übergewicht nicht in erster Linie vom ungesunden Essen, sondern aufgrund ihres Kummers entstanden sind.
Wenn die Trauer, die Wut und die Angst, die durch Trennungen der Eltern bei Kindern natürlicherweise auftauchen, nicht wirklich gesehen und mitfühlend verstanden werden und sie keine Gelegenheit bekommen, selber ihre Gefühle zu verstehen, dann müssen sie auf andere Weise ihre schmerzhaften Emotionen 'in Schach halten'. Lisa hat den Weg gewählt, ihre Gefühle durch Kummerspeck abzumildern.

Was können Sie tun?
Sie haben den ersten wirklich guten Schritt getan und das Problem geoutet und um Hilfe gebeten.
Sie schreiben, Ihr Mann 'versucht' sich wirklich um Lisa zu kümmern. Das ist gut, aber aufgrund der großen Probleme von Lisa im Moment nicht mehr ausreichend. Es braucht jetzt mehr und vor allem noch mehr Offenheit und Wahrhaftigkeit.
In erster Linie sollte Ihr Mann (weil er der wichtige Vater ist) anfangen, auf neue Art und Weise mit Lisa zu sprechen und eine neue Form der Beziehung aufbauen.
Zum Beispiel:

'Liebe Lisa, ich glaube dass du ziemlich unglücklich bist seit ich und deine Mutter uns getrennt haben. Ich glaube auch, dass dein Übergewicht nicht nur vom ungesunden Essen kommt, sondern eine Art Schutz vor deinen Gefühlen ist. Auch ich leide, wenn ich dich leiden sehe und ich möchte dir helfen, weiß aber nicht wie. Bitte hilf mir bei der Lösung unserer Probleme und sag mir ehrlich, was ich als dein Vater besser machen kann. Vielleicht habe ich deine Probleme bisher nicht wirklich so ernst genommen, wie es sinnvoll gewesen wäre. Das will ich nun ändern und meine Frau ebenfalls.'
Er könnte Lisa außerdem fragen, ob Sie sich vorstellen könnte, zu einem Jugendtherapeuten zu gehen. Das soll aber nicht die Gespräche zwischen Vater und Tochter ersetzen.

Vielleicht hat auch Ihr Mann bezüglich der Trennung oder der Beziehung mit seiner Ex-Frau noch ein paar unbewältigte Themen oder Gefühle, die er bisher eher vernachlässigt hat. Oder er könnte eine Familienaufstellung machen, die oft sehr aufschlussreich und heilsam ist.

Gut für Lisa wäre natürlich eine konstruktive Beziehung zwischen ihm und der Mutter von Lisa. Wenn beide über vergangene, aber noch immer im Raum stehende Verletzungen sprechen könnten, käme das auch Lisa zu Gute.

Ich wünsche in erster Linie Lisa, dass sie mit Unterstützung ihre Gefühle befreien und verstehen lernt und dabei ernst genommen wird, so dass sie fühlen und reden lernt anstatt zu essen.

Ihrem Mann wünsche ich, dass er eine neue und tiefere Beziehung zu seiner langsam erwachsen werdenden Tochter aufbaut.

Und Ihnen wünsche ich, dass sie weiterhin Ihre Gefühle ernst nehmen und nicht zögern, sich Hilfe zu holen.

Ihnen allen viel Erfolg bei der 'anstehenden Beziehungsarbeit'

herzliche Grüße
Rabia Karin Dessau

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