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Mein Sohn macht nach nicht beendetem Studium nichts mehr

Ella (w, 56) aus Gifhorn: Ella (w, 56) aus Gifhorn: Liebes Team, mein Sohn Jo ist 25, wohnt noch zu Hause und verweigert sich mittlerweile komplett! Er fing nach seiner Ausbildung, die er sehr gut bestanden hat, an zu studieren. Da begann der Abstieg. Das Studium hatte keine Struktur und mit der vielen Freizeit und Semesterferien konnte er gar nicht umgehen! Er kam auf die tolle Idee, im Online Casino zu spielen! Es dauerte Monate, bis wir es bemerkten. Er hatte sehr viel Geld verspielt und konnte es natürlich nicht zurückzahlen! Er zog sich immer mehr zurück, stand nicht mehr auf, pflegte sich nicht mehr! Und zur Uni ging er auch nicht mehr! Es flatterten haufenweise Mahnungen und Schlimmeres ins Haus. Mein Mann, sein Stiefvater, und ich haben alles geregelt und ihm das Geld geliehen! Wir dachten, jetzt geht es bergauf, aber leider nicht! Er hat die Uni geschmissen, was wir noch nicht mal schlimm finden, aber es tut sich nichts! Er bewirbt sich nicht, er kümmert sich um nichts, was arbeiten betrifft! Ich habe alles versucht, mal ist er ganz motiviert und sagt, ja ich kümmere mich, aber es passiert nichts! Er redet nur! Als er ganz unten war, sagte er auch zu mir, dass er nicht mehr leben wollte! Natürlich hatte ich Angst, dass er es wahrmacht, aber ich kann auch nicht mehr und werde es nicht mehr mitmachen! Nur, wie kann ich sein Interesse am Leben, an der Arbeit und am Geld verdienen wecken! Er war immer ein pflegeleichtes und freundliches Kind und junger Mann! Ich weiss nicht, was da passiert ist! Ich hoffe, Sie haben einen Rat für mich! Vielen Dank für ihre Antwort.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Ella,

ich kann Ihre Sorge und Verzweiflung aus Ihren Zeilen förmlich herauslesen und Sie auch gut verstehen. Nach Ihren Schilderungen scheint es mir so, dass Ihr Sohn in eine Depression gerutscht sein könnte. Möglicherweise ausgelöst durch den Misserfolg im Studium und dem damit verbundenen Gefühl des Versagens.

Als erstes wäre es ganz wichtig, dass Ihr Sohn professionelle Unterstützung bekommt. Hier wäre erstmal der Gang zum Hausarzt anzuraten, um abzuklären, ob es sich wirklich um eine Depression handelt und um organische Ursachen auszuschließen (die selten sind, aber vorkommen können). Der Hausarzt kann dann auch die weitere Behandlung empfehlen, z.B. bei einem Psychiater, falls eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll erscheint, und bei einem Psychotherapeuten. Wartezeiten für beide könnten bei einer Beratungsstelle überbrückt werden.

Und gleichzeitig ist es auch wichtig, dass Ihr Sohn wieder im Rahmen des Möglichen gefordert wird. Natürlich wollen Sie ihm helfen, indem Sie ihn vor den Konsequenzen seines Verhaltens schützen, also indem Sie ihm z.B. das Geld für die Schulden leihen. Gleichzeitig ist es auch wichtig, dass er etwas tun muss und nicht zu sehr geschont wird. Einerseits kann das die Motivation verringern, etwas zu ändern, wenn man sich darauf verlassen kann, dass es die anderen schon für einen richten werden. Zum anderen verstärkt das auch das Gefühl, nichts zu können, nichts auf die Reihe zu bekommen, was sich negativ auf die Depression auswirkt.

Natürlich sollen Sie ihn auch nicht gleich überfordern und darauf bestehen, dass er Ihnen das Geld gleich morgen zurückzahlt. Aber machen Sie ihm auch klar, dass Sie das Geld auf alle Fälle zurückwollen und erstellen Sie gemeinsam mit ihm einen realistischen Plan, bis wann er es zurückzahlen wird und welche Schritte er dafür unternehmen wird. Und vielleicht ist aktuell auch nur möglich, wirklich erstmal nur zum Hausarzt zu gehen. Vielleicht möchte er, dass Sie ihn dahin begleiten. Sagen Sie ihm, dass Sie für ihn da sind und ihn unterstützen, fragen Sie ihn, was er von Ihnen braucht, aber sagen Sie ihm auch, dass auch seine Mitarbeit notwendig ist.

Wichtig ist auch, dass Sie auf Ihre eigenen Grenzen achten. Einen Menschen mit Depressionen zu unterstützen, kann an die eigenen Kräfte gehen, wie Sie es ja auch selbst merken. Achten Sie also auch darauf, Dinge zu tun, die Ihnen Kraft geben. Und schauen Sie, wieviel Unterstützung Sie Ihrem Sohn geben tatsächlich geben können. Manchmal kann auch eine räumliche Trennung sinnvoll und hilfreich sein, d.h. dass Ihr Sohn in eine eigene Wohnung zieht und mehr Eigenverantwortung übernehmen muss. Ein Zwischenschritt dabei kann sein, dass er sich an den Kosten für Miete und Essen beteiligen muss. Schauen Sie, was davon in Ihrem Fall passend und angemessen sein könnte.
Und scheuen Sie sich auch nicht, sich selbst weitere Unterstützung, z.B. in einer Beratungsstelle zu suchen, um gut durch diese Zeit zu kommen.

Es kann auf alle Fälle wieder besser werden. Der Übergang in das Erwachsenenleben mit all seinen Verantwortungen und auch Rückschlägen verläuft nicht immer reibungslos, das geht nicht nur Ihrem Sohn so. Was aus meiner Sicht positiv ist, ist, dass er schon eine abgeschlossene Ausbildung hat. Er hat also etwas, auf das er zurückgreifen kann. Und er hat Sie im Hintergrund zur Unterstützung. Darum denke ich, dass mithilfe von ein paar Änderungen und professioneller Unterstützung hier auch eine Besserung möglich ist.

Ich hoffe, das gibt Ihnen zumindest erstmal ein paar Anhaltspunkte, wie es weitergehen kann. Lassen Sie es mich wissen, wenn noch etwas unklar ist oder Sie Fragen haben. Sie erreichen mich unter meiner Email-Adresse: info@loesbar-online.de

Alles Gute für Sie und Ihren Sohn!

Viele Grüße
Astrid Hiersekorn
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