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Zwischen zwei Stühlen - Streit zwischen Mutter und Ehemann

Franziska (w, 33) aus Rheinland-Pfalz: Hallo liebes Team,

ich habe heute eine Situation erlebt, die mich sehr belastet.

Kurz: ich bin 33 Jahre alt und seit 2012 mit meinem Partner zusammen,seit 2016 sind wir verheiratet und haben eine kleine Tochter(3 Jahre.) Wir sind glücklich.

Mein Bruder wollte heut etwas bei uns abholen (unangemeldet) mein Mann gab an nicht zu wissen wo es liegt und er mich ungern wecken wolle, sie verabredeten sich für einen späteren Zeitpunkt.

Wenig später wurde ich von einem lautstarkem Wortgefecht wach. Meine Mutter schrie meinen Mann an:'Sie ist sehr lange still, aber wenn er es nochmal wage Familienmitglieder wegzuschicken, sei was los', er habe dies laut ihr schonmal gemacht und er hätte nur Probleme mit anderen Menschen weil er immer seinen Kopf durchsetzen muss.

Ich muss dazu sagen, er ist eher ein Einzelgänger und geht auch nicht gerne auf Familienfeste.Wahrscheinlich liegt dies daran, dass seine Eltern sich haben früh schneiden lassen und keinen Familienzusammenhalt kennt.

Er verstand die Welt nicht mehr und wurde auch laut, sie fühlte sich respektlos behandelt.

Schlichten konnte ich das Ganze nicht...

Meine Mutter verließ die Wohnung mit den Worten: ' Da hast du aber jemanden geheiratet, ich betrete eure Wohnung nicht mehr'


Ich weiß nur nicht wie ich aktuell mit der Situation umgehen soll?!


Vielleicht haben Sie einen Rat für mich, wie ich mich am besten verhalte.


Ganz liebe Grüße

Franziska

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Franziska,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Vertrauen, das Sie uns, den Therapeutinnen und Therapeuten, bei psychomeda.de entgegenbringen.

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Sie sich angesichts der erlebten Situation belastet fühlen und unsicher sind, wie Sie sich jetzt am besten verhalten und damit umgehen können. Das ist ja auch eine sehr verzwickte Situation: Auf der einen Seite Ihr Mann und Ihre Tochter, mit denen Sie glücklich sind (Ich fand den Satz „Wir sind glücklich“ so richtig schön!) und auf der anderen Seite Ihre Herkunftsfamilie, mit der Sie – wenn ich es aus Ihren Zeilen richtig deute (Sie gehen auf Familienfeste; Ihr Bruder möchte etwas bei Ihnen abholen) – ebenfalls einen engeren Kontakt pflegen.

Wenn Ihre Mutter und Ihr Bruder bei Ihnen schnell vorbeikommen können, dann gehe ich davon aus, dass Sie alle relativ nah beieinander wohnen.
Das bedeutet, Sie können sich in Zukunft nicht einfach der Situation entziehen, sondern „müssen“ einen Umgang finden. Und jetzt sitzen Sie sozusagen zwischen beiden Stühlen „Eigene Familie – Herkunftsfamilie (bzw. Mutter)“.

In so verzwickten Situationen antworte ich gerne im Rahmen eines von mir geführten „Selbstgespräches“. Das heißt, ich betrachte mir Ihr Thema von verschiedenen Seiten und lade Sie ganz herzlich dazu ein, meinem „inneren Selbstgespräch“ zu folgen.

Vielleicht betrachten Sie meine folgenden Gedanken wie eine bunte Blumenwiese, auf der man einen Strauß pflücken möchte: Manche Blumen gefallen einem sehr gut und Sie werden sie pflücken; manche gefallen einem weniger und Sie lassen diese stehen. Auf meine Gedanken bezogen wird es Ihnen wahrscheinlich ähnlich gehen: Manches wird Ihnen gefallen und Sie pflücken diese „(Gedanken-)Blume“; manch andere Gedanken gefallen Ihnen weniger gut und Sie lassen die Blume stehen.

Dann möchte ich Sie nun herzlich einladen, meine nachfolgende „Gedankenblumenwiese“ zu betrachten. Ich werde in dem Selbstgespräch „über Sie“ reden. Das ist auch der Grund, weshalb ich Sie im folgenden Text nicht direkt mit 'Sie' anrede, sondern von Ihnen als „die Franziska“ rede. Wenn ich mein Selbstgespräch beendet habe, rede ich Sie wieder direkt an.
Dann beginnt nun das Selbstgespräch:

Ein Teil in mir, der rebellische Teil, hat spontan reagiert mit: Was soll denn das? Das ist doch Franziskas Leben! Sie ist mit Ihrem Mann glücklich! Dann soll die Mutter halt wegbleiben, bis sie sich wieder eingekriegt hat. Der Ehemann und Franziska haben ja nicht zur Lebensaufgabe, die Mama glücklich zu machen! Am besten Franziska macht gar nichts und wartet, bis die Mutter wieder bereit ist, ein vernünftiges Gespräch zu führen. Die wird schon irgendwann kommen. Aber Franziska sollte eine klare Grenze setzen: Ich bin glücklich mit meinem Mann, Mama, ob es Dir passt oder nicht! Und wenn Du das Haus nicht mehr betreten möchtest: Dann eben nicht! Ich bin mir keiner Schuld bewusst und ich bin erwachsen. Du, Mama, bestimmst nicht mehr über mich!

Ein weiterer Teil in mir, der Harmonie möchte, reagiert mit: Also das ist etwas zu hart. Und so einfach ist auch nicht, lieber rebellischer Teil. Franziska legt glaube ich auch großen Wert auf ihre Herkunftsfamilie. Es scheint so, dass sie sich gern mit ihrer Herkunftsfamilie trifft und auch mit dem Bruder ein gutes Verhältnis hat. Und schließlich geht es ja auch um die eigene Mutter. Die Mutter ist ja nun auch für viele Menschen eine sehr wichtige Person. Wenn sich Franziska einfach so hart wie vom rebellischen Teil beschrieben, abgrenzt, dann hieße das, keine Familienfeste mehr oder nur noch Kontakt zum Bruder allein. Und wenn der noch auf Mutters Seite steht, dann gibt es vielleicht gar keinen Kontakt mehr zur Herkunftsfamilie. Und wer weiß, wie viele Personen es noch in der Familie gibt, mit denen dann Stress ausbricht, wenn diese Sache nicht geklärt wird. Franziska sollte, wenn die Situation abgekühlt ist, ein gemeinsames Gespräch mit dem Bruder, der Mutter und Ihrem Mann arrangieren und versuchen, dass alle noch einmal in Ruhe miteinander reden. Am besten kocht Franziska für alle oder backt einen Kuchen und lädt alle ein. Dann sollte einer das Gespräch „moderieren“, vielleicht Franziska oder der Bruder, damit die Situation nicht noch einmal so eskaliert.

Der nächste Teil in mir, der hinterfragende Teil, sagt dazu Folgendes: Der Bruder wollte etwas abholen und der Mann von Franziska hat der Schilderung nichts Schlimmes getan. Er wolle sie nicht wecken und wisse nicht, wo es liegt. Der Bruder und Franziskas Mann hatten sich ja für später verabredet. Wie erfuhr die Mutter von dem Gespräch? Hat sie das vom Bruder erfahren? Fühlte sich der Bruder schlecht von Franziskas Mann behandelt? Warum hat der Bruder das ihm nicht direkt gesagt? Oder war die Mutter beim Telefonat im Hintergrund mit dabei? Die Situation ist verworrener als es auf den ersten Blick scheint. Warum ist die Mutter so eskaliert? Hat die Mutter auf so eine Situation gewartet, um 'endlich' so reagieren zu können? Schwelt da schon länger eine Unzufriedenheit in der Mutter? Ist die Mutter nicht zufrieden mit dem Ehemann von Franziska? Was dafür spricht: Die Mutter sagt, sie ist sehr lange still. Weshalb und mit welchem Themen war die Mutter sehr lange still? Warum hat sie bis jetzt nichts gesagt? Warum ausgerechnet jetzt? Gibt es Konflikte, von denen Franziska nichts weiß? Und wie steht der Bruder zum Schwager? Mag er ihn? Zu viele ungeklärte Fragen für ein großes Gespräch mit allen am Streit beteiligten Personen.
Franziska sollte zunächst einmal allein mit der Mutter reden und versuchen herauszufinden, warum ihre Mutter so reagiert hat. Gibt es unterschwelligen Streit oder Unzufriedenheit in Bezug auf Franziskas Mann? Wenn ja, wie lange schon? Und wie soll der Kontakt in Zukunft aussehen? Was wünscht sich die Mutter von Franziska und ihrem Mann? Was wünscht sich Franziska von der Mutter?

An dieser Stelle möchte ich jetzt mein Selbstgespräch beenden und hoffe, dass Sie aus dem Gedankenstrauß die eine oder andere Anregung für sich pflücken konnten.

Ich wünsche Ihnen, Ihrer Tochter, Ihrem Mann und Ihrer gesamten Familie von Herzen alles Gute und hoffe, dass Sie sich beim Lesen meiner Antwort verstanden, wohl und gut aufgehoben gefühlt haben.

Herzliche Grüße von

Ihre Christina Schulz
Bewertung durch den Fragensteller:
Liebe Frau Schulz, sie haben mir sehr geholfen und mich zum weinen gebracht, da so viel Wahrheit in Ihrer Antwort steckt. Ich danke Ihnen von herzen





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