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Wie kann ich meine Frau zurückgewinnen?

Jean (m, 60) aus Stuttgart: Hallo,

seit einigen Monaten hat meine 19 Jahre jüngere Frau eine Affäre. Wir haben eine gemeinsame Tochter 10 Jahre. Ich bin aus allen Wolken gefallen, als sie mir im gemeinsamen Pfingstferien Urlaub alles gestanden hat. Ihre Gefühle sind nach so langer Zeit mit mir nicht mehr da, keine Schmetterlinge mehr vorhanden, diese würden jetzt wieder kräftig flattern.

Sie redet nicht von Trennung, nicht von Scheidung, will ihren gleichaltrigen 'Neuen' erst besser kennen lernen.

Ich liebe meine Frau sehr, war jedoch in den zurückliegenden Jahren aufgrund ihrer Unfähigkeit mit mir zu reden und zu kommunizieren, wenn Probleme aufgetaucht sind, oft ungehalten und bin böse geworden. Ich habe eine Psychotherapie gemacht und bin jetzt ein Anderer. Ich werde alles daran setzen, dass ich sie zurück bekomme, eine endgültige Trennung würde ich nicht verkraften.

Bitte geben Sie mir einen Rat, was ich noch alles in meiner Macht tun sollte, um sie wieder zu gewinnen. Ich gebe ihr Zeit, lasse sie los und ja ich verzeihe ihr diese andauernde 'Affäre', aber wie lange kann man so etwas aushalten.

Vielen Dank für Ihre Tipps

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber Jean,

ich kann gut verstehen, dass Sie geschockt waren, als Ihre Frau Ihnen ihre Affäre gestanden hat, und dass Sie jetzt alles tun wollen, um sie zurückzugewinnen.

Lassen Sie uns vielleicht trotzdem erst einmal kurz innehalten und mal auf die Situation schauen, wie sie gerade ist: Ihre Frau hat deutlich gemacht, dass sie keine Gefühle mehr für sie hat. Gleichzeitig möchte sie sich, zumindest derzeit, nicht von Ihnen trennen, sondern ihren Neuen erstmal besser kennenlernen. Das klingt für mich so, als ob Ihre Frau Sie gewissermaßen warmhält, um zu testen, ob die neue Beziehung etwas taugt.

Ein neuer Partner bringt natürlich erstmal jede Menge Schmetterlinge mit sich, jedoch bietet er nicht die Sicherheit und Vertrautheit, die ein langjähriger Partner oft bedeutet. Man wünscht sich natürlich beides, Schmetterlinge und Sicherheit. Darum fährt Ihre Frau vermutlich aktuell zweigleisig. Nun kann es natürlich passieren, dass sich die neue Beziehung als tragfähig genug erweist für Ihre Frau und sie sich folglich doch von Ihnen trennt. Es kann aber auch sein, dass sie es nicht tut, und sie sich dann eventuell von der Affäre trennt, wenn die Schmetterlinge nachlassen. Das kann aber durchaus eine Weile dauern, da Affären nicht so schnell vom Alltag eingeholt werden, so dass die Verliebtheitsphase über die üblichen ein bis zwei Jahre hinaus anhalten kann.

Gleichzeitig sehe ich in Ihrer Beschreibung von Ihrer Frau kein Bemühen oder Interesse, aktuell in Ihre Beziehung zu investieren oder daran zu arbeiten. Sie schreiben, dass sie nicht in der Lage ist, mit Ihnen über Probleme zu sprechen. Daran scheint sich nichts geändert zu haben. Statt dessen scheint sie die 'Flucht nach vorne' in eine andere Beziehung angetreten zu haben. Sie haben dagegen an sich gearbeitet, damit Sie weniger ungehalten reagieren. Das ist großartig, dass Sie das geschafft haben! Das unterstreicht auch nochmal, wie wichtig Ihnen eine gute Beziehung zu Ihrer Frau ist. Die Frage für mich ist, ob Ihrer Frau das auch wichtig ist, oder ob sie vielleicht schon länger 'ausgecheckt' hat?

Sie fragen nun, was Sie noch tun können, um Ihre Frau zurückzugewinnen. Ganz ehrlich, so lange Ihre Frau kein Interesse daran hat, Ihre Beziehung zu retten, können Sie leider nicht ganz so viel tun. Zu einer Beziehung gehören immer zwei, und im Moment sind Sie leider der einzige, der die Beziehung retten will.

Grundsätzlich ist ihr Zeit geben, sich klar zu werden, was sie will, aber durchaus eine Strategie, die sinnvoll sein kann. Ihre Frau wird jetzt sicherlich selbst ordentlich durcheinander sein durch ihre Gefühle für den anderen und selbst nicht wissen, was sie will. Und es ist sicherlich auch sinnvoll, so eine wichtige, möglicherweise lebensverändernde Entscheidung nicht übers Knie zu brechen.

Das heißt aber nicht, dass Sie alles ertragen und aushalten müssen. Es ist in Ordnung und völlig normal, eigene Grenzen zu haben und diese zu kommunizieren. Sie können Ihrer Frau Ihr Verständnis zeigen, dass sie Zeit braucht, um sich zu entscheiden. Sie dürfen sie aber auch fragen, wie lange sie sich für die Entscheidung Zeit nehmen möchte. Sie leiden vermutlich sehr unter der Ungewissheit, und da tut es vermutlich gut, zumindest ein ungefähres Enddatum zu wissen. Prüfen Sie für sich, wie lange Sie das Ganze mitmachen wollen und können, und kommunizieren Sie das auch Ihrer Frau. Als groben Anhaltspunkt würde ich dazu raten, ein halbes Jahr nicht zu überschreiten. Das heißt aber nicht, dass Sie nicht einen kürzeren Zeitraum brauchen dürfen bzw. dass Sie Ihrer Frau nicht auch mehr Zeit einräumen dürfen. Das hängt eben ganz davon ab, was Sie selbst ertragen. Sollten Ihre Vorstellungen und die Ihrer Frau hierbei weit auseinanderklaffen, versuchen Sie, einen Kompromiss zu finden. Wenn Ihrer Frau noch irgendwas in Ihnen liegt, dürfte ein Wille zum Entgegenkommen vorhanden sein. Wenn dieser nicht da ist, dürfen Sie auch selbst die Grenze bestimmen. Auch wenn Sie vermutlich Ihre Frau gerade um jeden Preis zurückwollen, glaube ich nicht, dass sich Ihre Chancen erhöhen, wenn Sie sich selbst zum Fußabtreter degradieren.

Vielleicht ist auch eine räumliche Trennung, zumindest der Schlafplätze sinnvoll, falls Sie das nicht schon tun. Das widerspricht möglicherweise erstmal Ihrem Impuls, Ihre Frau am liebsten ganz nah an sich heranziehen zu wollen, damit alles wieder gut ist. Ich denke aber, dass alle Versuche, mehr Nähe herzustellen, derzeit eher kontraproduktiv sind. Ihre Frau ist gerade mit ihrem Herzen leider nicht bei Ihnen, und je mehr Sie an ihr 'zerren', desto mehr entfernt sie sich vermutlich. Sie schreiben ja auch, dass Sie sie loslassen, und ich glaube, das ist derzeit die sinnvollere Vorgehensweise. Auch wegen dem, was ich oben schrieb, also dass sie Sie aktuell (mehr oder weniger bewusst) 'warmhält', weil sie die Sicherheit und Vertrautheit (noch) nicht aufgeben möchte. Es kann daher paradoxerweise hilfreicher sein, ihr diese ein Stück weit zu entziehen. Man merkt ja erst, was man hatte, wenn man es verloren hat. Also: Getrennte Schlafplätze, und Sie nutzen den unerwartet neu gewonnenen Freiraum, indem Sie Dinge alleine unternehmen, sich mit Freunden treffen, vielleicht mal woanders übernachten - sich vielleicht sogar mal mit einer anderen Frau treffen. Das muss ja kein romantisches Treffen sein oder zu irgendwas führen, und Sie sollten der anderen Frau gegenüber natürlich ehrlich sein, aber vielleicht tut es Ihnen ja auch gut, auch mal wieder etwas positive Aufmerksamkeit von einer Frau zu bekommen.

Vielleicht merkt Ihre Frau dann ja, was ihr durch 'die Lappen' zu gehen droht, wenn Sie plötzlich nicht mehr allzeit verfügbar sind, und sie merkt, dass sie Sie auch verlieren könnte. Vielleicht aber auch nicht. Eine Garantie gibt es natürlich nicht. Und diese Aktivitäten sollten auch nicht der Manipulation dienen, sondern vorrangig den Zweck haben, dass sie Ihnen helfen, gut durch diese schwierige Zeit zu kommen. Und Ihnen vielleicht auch etwas Hoffnung vermitteln, dass Sie es durchaus verkraften könnten, falls sich Ihre Frau doch von Ihnen trennt.

Scheuen Sie sich bitte aber auch nicht, sich nochmal therapeutische Unterstützung zu suchen, falls Sie merken, dass es Ihnen alleine sehr schwer fällt. Wenn Sie noch Fragen haben oder weiteren Rat und Unterstützung von mir wünschen, können Sie sich gerne auch an mich unter meiner Email-Adresse info@loesbar-online.de wenden.

Ich hoffe, meine Anregungen sind für Sie hilfreich, und ich wünsche Ihnen vor allem viel Kraft und alles Gute.

Viele Grüße
Astrid Hiersekorn
Bewertung durch den Fragensteller:
Sehr sehr hilfreich. Es hat mir unheimlich gut getan. Den Kurs, die Richtung werde ich fortsetzen





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