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Warum kriege ich keine Beziehung hin?

lizar (w, 26) aus Berlin: Hi.

Ich bin seit 3 Wochen in einer Beziehung. Ich kenne ihn, J., seit 1/2 Jahr. Er hat von Beginn an recht schnell klargemacht, dass er ernsthafteres Interesse an mir hat. Ich war zunächst überfordert - ich wollte mich erstmal weiterhin ausleben.

J. hat nicht aufgegeben und irgendwann gab ich ihm doch eine Chance. Ich war in der 1. Zeit total glücklich und fand, dass wir super zusammen passten. Das tun wir auch in vielen Belangen & eigentlich war er das, nach dem ich lange gesucht habe.

Inzwischen merke ich aber, dass sich die Gefühle eher abgekühlt haben. So war’s in meinen vorherigen Beziehungen auch. Es lief genau nach diesem Muster ab nämlich, dass mich Sachen nervten, ich mich so lange nicht traute sie anzusprechen, bis meine Gefühle versiegt waren.

Ich habe das Gespräch mit J. zu spät gesucht und kann einfach nicht anders, als über gewisse Sachen und Eigenschaften (zB dass er viel redet) genervt zu sein. Ich sehe ständig seine Fehler.

J. liebt mich sehr & ich möchte ihm nicht wehtun, aber ich fühle mich auch eingeengt, als sei‘s zu schnell gegangen.

Ich hatte ähnliche Konflikte in meinen letzten 2 Beziehungen und ich selbst war jedes Mal der Schlussmacher. J. hat Potenzial zu mir zu passen und ernsthafte Absichten und trotzdem fühle ich mich so eingeengt.

Was mache ich falsch? Warum kriege ich eine Beziehung nicht hin & bin so leicht genervt/ meine Gefühle so schnell weg? Meinen Sie dass es möglich ist, dass Gefühle wiederkommen? Soll ich J. noch eine Chance geben oder muss ich Schluss machen?

Danke.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe lizar,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Sie erkennen bereits sehr gut, dass sich immer wieder ein bestimmtes Beziehungsmuster mit Ihren Partnern wiederholt und fragen sich, ob Sie etwas falsch machen.

Werfen wir zunächst einen Blick auf Ihre aktuelle Beziehung mit J.: Er gab nicht auf, um Sie zu werben. Sie fühlten sich zu Beginn überfordert und wollten sich nicht auf ihn festlegen. Da er sich weiter um Sie bemühte, gaben Sie ihm letztlich eine Chance.

Zunächst fanden Sie, dass Sie gut zusammenpassten. Doch dann tauchen Verhaltensweisen auf, die Sie an Ihrem Partner nervten. Sie schreiben, so ging es Ihnen mit allen Anderen zuvor auch. Statt anzusprechen, was Sie stört, schweigen Sie.

Dies ist der Moment, in dem Sie quasi schon aus der Beziehung aussteigen. Sie übernehmen keine Verantwortung mehr für Ihre Gefühle und Bedürfnisse. Sie gestalten die Beziehung nicht mehr mit, sondern wenden sich innerlich mehr und mehr genervt ab. Sie lassen es zu, dass Ihre Gefühle erkalten und beenden schließlich die Beziehung.

Wenn Sie nur danach Ausschau halten, ob ein Partner gut zu Ihnen passt und ob er Potential hat, werden Sie das Wesentliche versäumen.

Sich zu verlieben und auf einen Menschen einzulassen, bedeutet, sich in der Begegnung hinzugeben, sich für tiefe verletzliche Empfindungen zu öffnen, ohne zu wissen, wohin die Reise geht. Wenn nach der Verliebtheitsphase die Phase der Konsolidierung, also der Festigung der Partnerschaft, ansteht, zeigt sich, ob es gelingt, auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen und unter Wahrnehmung der Unterschiedlichkeiten einander zu akzeptieren.

Es scheint mir, als würden Sie in den Begegnungen außen vor bleiben. Solange das kurze Strohfeuer brennt, erwärmen Sie sich an dem Zusammensein. Doch schnell kommt der Augenblick, in dem Sie feststellen, dass der Andere ein Mensch mit ganz normalen Verhaltensweisen ist, die auch manchmal nerven können. Es wird keinen Partner geben, mit dem Sie das nicht erleben, es gehört einfach zum Zusammenleben dazu.

Gefühle verschwinden nicht einfach, weil der Partner zu viel redet. Sie verschwinden, weil man sich emotional vielleicht nicht gesehen oder gehört fühlt, weil man mehr gibt als man bekommt, weil der Partner Grenzen überschreitet, weil er einen unabsichtlich verletzt. Hier ist es wichtig, miteinander zu reden, sich wirklich kennenzulernen und zu verstehen, wie der Andere wirklich ist. Sich nicht in die optimale Projektion, die Sie sich von J. erstellen, zu verlieben, sondern in den Menschen, der er wirklich ist - mit all seinen Schwächen, Unzulänglichkeiten und seinen aufrichtigen Gefühlen.

Um diesen Weg für sich zu finden, würde ich Ihnen empfehlen, sich therapeutisch begleiten zu lassen. Dabei werden Sie mehr über Ihre Bedürfnisse erfahren und lernen, sie ernst zu nehmen. Diese Form der Selbstfürsorge ist sehr wichtig. Sie ist die Grundlage dafür, dass Sie eine Nähe zu sich selbst aufbauen, bevor Sie Nähe mit Anderen leben können. Daraufhin wird es Ihnen leichter fallen, Konflikte als etwas Konstruktives zu begreifen und nicht mehr als Bedrohung oder Infragestellung der Beziehung.

Ich wünsche Ihnen alles Gute -
viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:
Liebe Frau Wagner,





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