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Soll ich mich von meinem Mann trennen?

Pauline (w, 52) aus Hannovver: Liebes Team,
Bin mir zur Zeit nicht mehr im Klaren, ob ich meine Ehe aufrechterhalten soll. Ich hatte vor ca. 2 Jahren eine Affaire, die etwa 1,5 Jahre andauerte, mein Mann und ich haben in vielen Gesprächen versucht, wieder eine neue Basis zu finden. Der Punkt ist jedoch, dass ich glaube, dass ich die Liebe zu meinem Mann verloren habe.
Körperlich ist er derart aufgegangen (ca. 180Kg), das ist nicht mehr der Mann den ich geheiratet habe, er ist nett zu mir, aber ich werde auch kontrolliert. Geblieben ist mir außerdem eine gewisse Angst vor ihm, er konnte einen fertigmachen, kämpft immer mit irgendwelchen 'Süchten', kaufen, essen, Alkohol, Arbeit. Vor der Affaire konnte ich meine Wünsche garnicht durchsetzen, nur heimlich. Zur Zeit habe ich das Gefühl, eingesperrt zu sein. Spontan los fahren - nur mit Begründung, wie lange, wohin. Urlaubsziel gibt er vor. Er hat zeitweise meine Mails, Chats gelesen. Jetzt kommt in mir der Gedanke hoch, ich will nicht mehr verheiratet sein. Ich habe auch Angst, irgendwie allein zu sein, aber so wie es ist, finde ich es nur deprimierend.
Es ist alles ganz ruhig bei uns, augenscheinlich lieb, aber für mich fühlt es sich wirklich deprimierend an, eingeschlossen und hoffnungslos, ich will so mit ihm nicht einfach nur noch alt werden!
Ich mag auch nicht mehr reden, warten, hoffen, bitten. Die Arbeit zuhause erdrückt mich, ich steh davor allein, er arbeitet wie verrückt auf seinem Gebiet, Freizeit = Fernsehen. Nein. Soll ich den Schritt wagen, zu gehen?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Pauline,

vielen Dank für Ihr Vertrauen an das Psychomeda-Therapeutenteam. Sie schreiben, dass Sie sehr unglücklich in Ihrer Ehe sind. Sie fühlen sich kontrolliert und ausgespäht, können Ihre Wünsche nicht verwirklichen und wenn, dann nur heimlich. Unzufrieden sind Sie auch mit dem Verhalten Ihres Mannes, von dem Sie schreiben, dass er zwar nett zu Ihnen ist, aber viel arbeitet, es in seiner Freizeit jedoch wenig Abwechlung gibt. Im Haushalt fühlen Sie sich im Stich gelassen. Sie glauben, dass Sie ihn nicht mehr lieben und fragen sich, ob Sie sich von ihm trennen sollen, haben aber auch gleichzeitig Angst vor den Folgen einer Trennung.

Eine Ehe hat immer wieder mal Höhen und Tiefen. Leider schreiben Sie wenig, wie sie beide ihre Ehe geführt haben und empfanden in guten Zeiten. Was war im Alltag, in Situationen, im Verhalten beider anders? Worin unterschied sich Ihre Ehe in guten Seiten von der heutigen in der schwierigen, unglücklichen Zeit? Und vor allem: Was hat Sie schon immer gestört? Eine sehr wichtige Frage, zu der Sie hier leider nichts schreiben , ist auch: Was hat Sie zu der Affaire bewogen, was hat Sie zu dem Mann hingezogen? Eine Aussprache mit Ihrem Mann wäre meines Empfindens ratsam. Natürlich gehört dazu die Bereitschaft beider dazu. Sie schreiben, dass Sie es leid sind, noch mehr und weiter zu reden. Sie machen auf mich den Eindruck, dass Sie keine Geduld mehr haben und fast schon resigniert sind. Ich vermute, dass es Ihrem Mann ähnlich gehen könnte. Ein Gespräch mit Ihrem Mann würde daher schwierig verlaufen, da Sie beide vermutlich aneinander geraten und sich gegenseitig Vorwürfe machen würden. In diesem Falle empfehle ich eine neutrale dritte Person hinzuzuziehen, beispielsweise eine/n Paartherapeut/in, Eheberater/in.

Ihr Anliegen zielt jedoch in eine ganz andere Richtung, denn Sie fragen sich nicht, wie Sie ihre Ehe retten beziehungsweise verbessern oder aufleben lassen können. Sie schreiben nämlich, dass Sie deprimiert und hoffnungslos sind, sich eingeschlossen fühlen. Sie glauben, dass Sie ihn nicht mehr lieben, auf diese Art und Weise nicht mit ihm alt werden möchten und sich überlegen, ob Sie sich trennen sollen. Aufgrund Ihrer Schilderung habe ich den Eindruck, dass das Einzige, was Sie von einer Trennung abhält, die Angst vor den Folgen einer Trennung sein könnte, nämlich, dass er Sie fertigmachen könnte und Sie sich allein fühlen würden.

Eine Trennung ist für beide Seiten immer eine folgenschwere Angelegenheit, ganz egal, von wem sie ausgeht. Materielle Angelegenheiten, existenzielle Sorgen, emotionale Probleme, das Gefühl des Alleinseins, Krankheiten, Kinder... das sind alles Themen, die fast jeden betreffen. Wenn der Leidensdruck während der Ehe jedoch derart groß ist, dass man beginnt, den Partner zu hassen, dass man sich permanent streitet, dass man beginnt, gesundheitliche Probleme und Schwierigkeiten auf der Arbeit zu bekommen, dann geraten die vorhin angesprochenen Trennungsfolgen, die nicht zwangsläufig auftreten müssen aber nunmal häufig sind, in den Hintergrund.

Ob Sie nun den Schritt wagen sollen, Ihren Mann zu verlassen, können nur Sie allein entscheiden. Mein Eindruck ist, dass Sie diese Frage eigentlich schon selbst beantwortet haben. Wichtig ist jedoch, dass Sie nicht aus irgendeinem Impuls heraus agieren. Eine Alternative könnte vielleicht auch eine vorübergehende räumliche Trennung auf Zeit sein. Vielleicht brauchen Sie ein bißchen Abstand von sich. Vielleicht muss sich jeder von ihnen beiden ihrer Liebe bewusst werden, die unter dem Alltag und sicherlich auch vor dem Hintergrund Ihrer Affaire stark gelitten hat. Leider schreiben Sie wenig darüber, aber Ihr Mann könnte noch immer unter den Folgen der aufgedeckten Affaire leiden. Dies könnte sein Kontrollbedürnis erklären, womit ich nicht meine, dass es akzeptabel ist. Ich kann in diesem Rahmen auch nicht analysieren, warum er sich so gegenüber Ihnen verhält. Es wäre unseriös zu schreiben, was er genau von Ihnen will und wie er die Situation sieht und empfindet, da ich erstens seine Version nicht gehört habe und zweitens ihn auch nicht durchleuchten und in sein Innenleben schauen kann.

Liebe Pauline, was ich Ihnen auf den Weg geben kann ist, dass Sie sich überlegen müssen, ob Sie noch die nächsten Jahre ernsthaft so weiterleben möchten oder ob es noch einen Weg gibt, die eheliche Situation zu verbessern. Wenn man ein schönes harmonisches Zuhause haben möchte, in dem man sich wohlfühlt, dann müssen beide daran arbeiten oder Entscheidungen fällen, bevor es zu Horrorszenarien kommt.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, Kraft und alles Gute! Gerne stehe ich Ihnen auf Wunsch auch weiterhin vertrauensvoll zur Seite.

Mit herzlichen Grüßen

Agnes Skupinski-Schwarz
-Paartherapeutin-

P.S.: Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Antwort bewerten und wenn möglich auch noch kurz kommentieren – Vielen Dank und alles Gute!
Bewertung durch den Fragensteller:
Einfühlsam auf die Problematik eingegangen

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