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Muss ich den erwachsenen Sohn meines Partners unterstützen?

Karin (w, 48) aus Fürstenfeldbruck: Liebes Psychomeda-Team,
ich (48) lebe mit meinem Partner in derselben Straße, habe drei Kinder, er ebenfalls. Sein jüngster Sohn (18) ist vor zwei Monaten ausgezogen.
Nun wurde mein Partner von seiner Ex-Frau überrumpelt, dass der älteste Sohn (23) bis auf Weiteres wieder bei ihm einziehen müsse, weil er aufgrund seiner (unbehandelten) ADHS-Erkrankung das Leben allein nicht mehr bewältigen könne. Der Sohn hat drei vom Vater finanzierte Studiengänge abgebrochen, sich dann gegen den Rat des Vaters als Finanzberater selbstständig gemacht. Er wird weiterhin von der Mutter finanziell unterhalten, vermutlich schafft sie das nicht mehr lange.
Mein Partner fühlt sich erpresst, den Sohn nicht „fallenzulassen“, sodass die Mutter dann als „das bessere Elternteil“ dasteht.
Er wünscht sich, dass ich ihn unterstütze, indem der Sohn z. B. auch bei mir Familienanschluss bekommt, ich für ihn mit koche etc. Ich will das jedoch nicht, denn ich halte seine Entscheidung, den Sohn unter diesen Umständen bei sich aufzunehmen, für falsch und möchte nichts tun, um dem Sohn hier ein angenehmes Leben zu bereiten.
Mein Partner möchte den Sohn zur Probe aufnehmen und sehen, ob das klappt (er hat Panik, dass er durch sein ADHS überfordert ist), und ich hoffe, dass es nicht klappt und er zur Mutter geht, die das alles so entschieden hat.
Ist es ok, wenn ich mich so abgrenze? Oder ist es egoistisch und müsste ich ihn als Partnerin rückhaltlos unterstützen?
Vielen Dank für Ihren Rat.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Karin,

vielen Dank für Ihre Offenheit und Ihr Vertrauen, Ihre Situation hier zu schildern.

Ich kann Ihren Zwiespalt gut verstehen. Zum einen ist da Ihr Partner, der sich von der Entscheidung der Mutter, dass der Sohn bei ihm einziehen soll, überrumpelt und erpresst fühlt, seinen Sohn aber in einer schwierigen Lage auch nicht fallenlassen will und deshalb offensichtlich zugestimmt hat, dass der Sohn zumindest erst mal zur Probe einziehen kann. Zum anderen sind da Sie, die glaubt, dass diese Entscheidung falsch ist und sie daher nicht unterstützen möchten, indem Sie für den Sohn kochen oder Ähnliches.

Sie haben auf alle Fälle das Recht auf Ihre eigenen Bedürfnisse und Sie dürfen sich auch abgrenzen. Da Sie nicht zusammenleben, können Sie die Entscheidung Ihres Partners, den Sohn wieder bei sich einziehen zu lassen, vermutlich nur akzeptieren. Sie sind allerdings nicht dazu verpflichtet, den erwachsenen Sohn Ihres Partners zu bekochen oder Ähnliches, wenn Sie das nicht zielführend finden und/oder es Ihnen schlichtweg zu viel ist. Das heißt ja nicht, dass Sie sich ihm gegenüber schroff und abweisend verhalten müssen. Aber Sie müssen ihn auch nicht übermäßig umsorgen.

Vielleicht können Sie nochmal das Gespräch mit Ihrem Partner suchen und schauen, wie Sie Ihrer beider Bedürfnisse gut unter einen Hut bekommen können. Es ist für mich nachvollziehbar, dass Ihr Partner seinen Sohn unterstützen möchte. Und es ist für mich ebenso nachvollziehbar, dass Sie das nicht tun möchten. Ihrer beide Bedürfnisse haben eine Berechtigung, und ein gutes Ziel wäre hier vermutlich, einen guten Kompromiss zu finden.

Aus meiner Sicht wäre in so einer Situation, so wie ich sie verstehe, ganz allgemein gesprochen wohl folgendes Vorgehen sinnvoll: Der Sohn könnte vorübergehend wieder einziehen (bei Vater oder Mutter) und gleichzeitig werden auch klare Regeln vereinbart. Zum Beispiel: Wie lange kann er bleiben? Wie soll es danach weitergehen? Wie kann er sich in dieser Zeit am gemeinsamen Leben beteiligen? Vielleicht kann er ja für alle kochen? Oder andere Hausarbeiten übernehmen? Einen Minijob annehmen, um für Kost und Logis aufzukommen? Wenn er das aufgrund seines Zustandes alles nicht kann, wäre die Überlegung, welche Schritte er unternehmen könnte, um diesen zu verbessern? Sie schreiben, seine ADHS-Erkrankung ist unbehandelt. Wurde sie denn diagnostiziert oder ist es nur ein Verdacht? Vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, eine Behandlung zu beginnen, so dass hier eine Besserung erzielt werden kann. Dadurch bekommt der Sohn die Auszeit, die er gerade braucht, und gleichzeitig auch Unterstützung, (wieder) auf eigenen Beinen stehen zu lernen.

Da Sie nicht bei Ihrem Partner wohnen und nicht die Mutter des Sohnes sind, sind das natürlich alles Punkte, die vorrangig in das Entscheidungsspektrum Ihres Partners fallen. Vielleicht kann diese Einschätzung aber trotzdem für Sie eine gewisse Orientierung bieten, um vor ihrem Hintergrund auch Ihre eigenen Bedürfnisse zu vertreten und eine gute Lösung mit Ihrem Partner zu finden.

Dafür drücke ich Ihnen allen die Daumen.

Für eventuelle Rückfragen stehe ich Ihnen unter meiner Email-Adresse info@loesbar-online.de zur Verfügung.

Viele Grüße
Astrid Hiersekorn
Bewertung durch den Fragensteller:
Danke für die schnelle Antwort mit den guten Tipps und das Angebot, Rückfragen zu stellen; das hilft mir sehr!





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