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Mein Partner verhält sich zunehmend unfreundlich und rücksichtslos

Falbala (w, 43) aus Nürnberg: Hallo,
mein LG und ich sind seit 15 Jahren zusammen und befinden uns in einer Abwärtsspirale. Mittlerweile herrscht meist schlechte Stimmung. Er sagt (wörtlich), ich hätte ihn 200mal öfter gekränkt als umgekehrt. Gekränkt ist er zum Beispiel, wenn er nackt aus dem Bad kommt und ich nicht extra hinschaue. Wenn er mich - beispielsweise während ich abspüle oder sonst irgend etwas tue - an die Brüste fasst und ich nicht begeistert bin. Wenn ich sein Essen mit 'diesmal ist es aber wirklich richtig lecker' lobe und er meint, ich kritisiere ihn, weil es sonst nicht so gut ist. Wenn er irgendetwas behauptet und ich es nicht sofort ungeprüft glaube, sondern im Lexikon nachsehe, ob das so stimmt. Eigentlich ist es unmöglich, ihn nicht zu kränken.
Er selbst wird schnell laut und cholerisch, ist auch oft ziemlich unfreundlich zu unserer Tochter (13 J.), meint aber, daran sei sie schuld, weil sie so frech sei. Wenn die zwei aufeinander treffen, eskaliert die Lage schnell. Ich bin im übrigen auch daran schuld, weil ich sie entweder so erzogen oder es ihr erlaubt habe. Sehr oft hat er mir aus einer Stimmung heraus mit Trennung gedroht. Wenn ich gekränkt bin, weil er unfreundlich war, dann meint er, ich solle mich nicht so anstellen, das habe er doch nur so gesagt. Seit Jahren versuche ich ihm begreiflich zu machen, dass ich mir einen rücksichtsvolleren, freundlicheren Umgang miteinander wünsche und nicht nur dann, wenn er Lust auf Sex hat. Eine Beratung oder Therapie lehnt er ab. Was mache ich nur mit dem Mann?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Falbala,

als sehr, sehr anstrengend empfinde ich das, was Sie uns hier so vertrauensvoll schreiben. Eine immerwährende Stresslage, in der Sie nie wissen, was mache ich richtig oder falsch. Woher sollen Sie das auch wissen?

Ihr Partner verhält sich sehr beziehungsfeindlich, erkennt nicht, dass nicht nur einer von beiden die Verantwortung für das tägliche Gelingen trägt. Er weist Ihnen permanent die Verantwortung für alles zu, Sie sind vielleicht aufgrund von frühen Erlebnissen gewöhnt, an allem die Schuld zu tragen. Ihr Partner kann auch schlecht mit der pubertierenden Tochter umgehen, bezieht alles, was passiert, immer auf sich selbst, sowohl im Umgang mit Ihnen als auch mit dem Kind. Verantwortung tragen heisst auch dafür einzustehen, was man tut und das kann er, so scheint mir, schlecht. Vielleicht frühe Erfahrungen, die mit Bestrafungen einhergingen.

Das deutet auf ein massives Problem mit dem Selbstwert und der Selbstliebe (nicht zu verwechseln mit Egoismus) hin, er fühlt sich wenig anerkannt, kann es nicht ertragen, wenn Sie nicht ständig den Fokus auf ihn richten, was ja gar nicht geht und nicht erwünscht ist. Er kann auch nicht unterscheiden zwischen wirklicher Zurückweisung und den Bedürfnissen des anderen, die nicht immer mit ihm etwas zu tun haben. Es ist aber nicht Ihre Aufgabe, diese möglichen Defizite zu heilen, das liegt in seinem Aufgabenbereicht, für sich zu sorgen. Sie sind nicht seine Mutter.

Seine Grenzen scheinen durchlässig zu sein, er verhält sich permanent grenzüberschreitend anderen gegenüber, Ihre Bemühungen sich abzugrenzen, scheitern an seiner Uneinsichtigkeit, aber auch daran, dass Sie warum auch immer, es nicht schaffen, dies einzufordern und zwar konsequent.

Nun haben Sie schon versucht, ihn zu einer Beratung oder Therapie zu bringen, was per se richtig ist. Doch dazu gehört die Einsicht seinerseits und die fehlt ja, wie Sie schreiben. Nun hat er aber wohl von Ihnen keine richtigen Folgen zu befürchten, die sein Verhalten mit sich bringt. Sie erscheinen ihm vielleicht als ein Papiertiger, der zwar die Krallen zeigt, aber weiter nichts tut. Warum also sollte er etwas ändern?

Sie haben zwei Möglichkeiten, entweder Sie machen diese Spirale weiter mit oder Sie ändern etwas. Spüren sie einmal hin, wie es Ihnen geht, was Sie sich wünschen, wie es sein müsste, dass Sie sich wieder gut fühlen. Zeigen Sie ihm dann in einem Gespräch dies auf und auch, was Sie tun, wenn er sich nicht bemüht. Das kann bis hin zur Trennung gehen, die Sie aber nicht aus einer Laune heraus aufzeigen sollten, sondern nur, wenn Sie gewillt sind, diesen Weg auch konsequent zu gehen. Sonst sind Sie hier wieder der Papiertiger, den Ihr Partner nicht ernst nehmen muss.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Gespräch, Mut und Kraft sowie eine Veränderung in Ihrem Sinn.

Herzliche Grüße

Claudia Schmitt

Heilpraktikerin für Psychotherapie
Weltliche Trauerrednerin und Hochzeitsrednerin
Bewertung durch den Fragensteller:
Danke, ich denke Ihre Analyse trifft es genau.

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