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Mein Ehemann verlangt die Scheidung und seine Mutter weiß alles über uns

maryanne (w, 40) aus Kleve: Hallo liebes Psychologen-Team,

ich brauche dringend Rat. Mein Mann (37) und ich (40) haben bereits nach 1 Jahr Kennenlernzeit geheiratet. Schon sehr bald nach der standesamtlichen Hochzeit ließ mein Mann alle Aufmerksamkeiten und jegliches Interesse an mir vermissen, verweigerte die Kommunikation und verlor komplett das Interesse am Sex. Er wollte auch nicht mehr mit mir ausgehen. Alles, was er wollte, war zu Hause vor dem Fernseher hängen und mit seinen Kumpels kegeln. Vor der Heirat war er überaus aufmerksam und achtsam. Allerdings hatte er immer große Probleme beim Geschlechtsverkehr (Anorgasmie), der Akt dauerte jedes Mal quälend lang. Seine Beziehungen vorher waren deswegen gescheitert.
Ein Jahr nach der gesetzlichen Trauung fand dann die kirchliche statt. Zu dem Zeitpunkt war die Ehe eigentlich schon am Ende. Eine Paartherapie lehnte mein Mann ab. Zwei Monate danach, in denen null Kommunikation mehr erfolgte, kein einziger Geschlechtsverkehr und keine gemeinsame Unternehmung, verlangte mein Mann völlig unvermittelt die Scheidung und räumliche Trennung. Heimlich hatte er bereits einen Anwalt aufgesucht. Er holte seine Mutter als 'Sprachrohr' dazu, diese war über ALLE Vorfälle in unserer Ehe informiert. Sie entschied dann für ihn, dass ich zu gehen hätte, er die Scheidung wolle, mit meinen gesundheitlichen Einschränkungen nicht leben könne und außerdem viel zu viel arbeiten müsse (ganz normaler Arbeitstag). Fassungslos zog ich aus. Seitdem sind wir getrennt, von ihm kommt nichts mehr. Ich danke für Ihre Antwort.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hallo liebe maryanne,

danke, dass Sie sich hier anvertrauen und um Rat fragen.

Sie schildern, wie Ihre Ehe sehr schnell anfing das genaue Gegenteil von dem zu sein, was man sich auf dem Standesamt und in der Kirche verspricht. Sie haben keine guten Zeiten hinter sich und sehr viel Zurückweisungen, Nicht-Geliebt-Werden, Demütigung, Missachtung und Einsamkeit erlebt in der letzten Zeit. Das ist sehr schwer zu ertragen und mitunter sehr viel schwerer, als Auseinandersetzungen. Denn wenn man sich mit dem anderen auseinandersetzt, dann ist zumindest noch von beiden Seiten ein Gefühl vorhanden. Wenn eine Seite nur noch schweigt, dann ist das sehr schwer auszuhalten.

Ich lese keine direkten Fragen von Ihnen. Sie schildern alles und schreiben, dass Sie Rat brauchen. Könnten das die Fragen sein:

Wie konnte mir das passieren?
Wie kann ich mich ihm gegenüber jetzt verhalten?
Gibt es noch eine Chance?
Was muss ich tun, damit mir das nicht noch einmal passiert?

Ich denke, es konnte vor allem so weit kommen, weil Sie vielleicht gedacht haben, dass Sie sich nur besser bemühen müssen, dann würde es schon wieder werden. Sie haben bereits vor der kirchlichen Trauung gespürt, dass Ihre Beziehung nicht so harmonisch und liebevoll ist, wie Sie es sich gewünscht haben und dennoch haben Sie die kirchliche Trauung vollzogen.

Hieraus können Sie lernen, dass Sie künftig sehr genau auf solche Botschaften achten und darauf hören lernen. Wenn Sie nicht sicher sind, dass Sie das können, dann ist es gut, wenn Sie dies mit Hilfe von jemandem lernen.

Sie haben dieses Gefühl übergangen und sich kirchlich getraut. Was hat Sie damals dazu bewogen, dies zu tun? Ich frage dies nicht, weil ich diese Entscheidung in Frage stelle – es ist Vergangenheit und damit vorbei – sondern, um Sie darauf aufmerksam zu machen, welche Gefühle, Gedanken oder inneren Warnungen Sie damals eventuell ignoriert haben.

Vielleicht sind Sie auch gekränkt und wütend auf Ihren Mann. Sie haben alles ertragen und dann beschließt er die Scheidung – nicht Sie, obwohl Sie vielleicht sehr viele Gründe gehabt hätten. Noch dazu wird dies alles von seiner Mutter gesteuert, die alles über sie beide weiß. Das muss Sie sehr sehr wütend machen und verletzten. Hier ist es gut und wichtig, wenn Sie darüber mit einer neutralen Person sprechen und sich Luft machen können.

Was müssen Sie jetzt mit Ihrem Mann klären? Wichtig ist, dass Sie sich auch hier Unterstützung suchen. Wenn Ihr Mann nur über den Anwalt und über seine Mutter spricht, dann ist das für Sie ein Zeichen, dass er, aus welchen Gründen auch immer, die Scheidung wirklich möchte. Sie können jetzt vor allem versuchen, sich auch anwaltlich vertreten zu lassen, so dass Sie keinen Nachteil aus der Situation haben. Bitte achten Sie auf sich und unternehmen die nötigen Schritte, dass Sie in dieser Scheidung gerecht behandelt werden!

Sie haben im Prinzip alles selbst formuliert, was Ihnen für die Zukunft helfen wird:
Sie schreiben, dass Sie zu schnell geheiratet haben. Sie schreiben, dass die Ehe schon früh am Ende war. Vielleicht würde es Ihnen weiterhelfen, wenn Sie in einer Therapie oder einer Beratung klären können, weshalb Sie sich nicht geschützt haben vor solch einer Fülle von negativen Erfahrungen und wieso Sie diese Ehe weiterführen wollten, trotz der ganzen Einsamkeit und Missachtung. Sie schreiben auch etwas von gesundheitlichen Einschränkungen. Was auch immer das ist – Sie haben noch mehr zu tragen und sollten sich in der Zukunft vor allem darauf konzentrieren, dass es Ihnen gesundheitlich und seelisch gut geht. Wenn Sie noch eine direktere Frage haben, die ich hier nicht beantwortet habe, dann können Sie diese gerne in einer E-Mail schreiben.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Begleitung finden, so dass Sie bald alleine oder mit einem anderen Partner ruhig und zufrieden leben können – Sie haben es verdient!

Herzlichst

Andrea Köhler

Heilpraktikerin für Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:
Sehr treffend formuliert und präzise die Problematik benannt

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