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Mein Borderline-Freund distanziert sich von mir - was kann ich tun?

Batzili (w, 24) aus München:

Habe vor einiger Zeit einen Borderliner kennengelernt. Wir haben uns super gut verstanden und im Nachhinein weiß ich auch, dass er mich als potentielle Partnerin idealisiert hat, ich habe noch nie so eine Zuneigung erfahren.

Seit einigen Tagen habe ich gemerkt, dass er sich von mir distanziert und daraufhin habe ich ihn zur Rede gestellt. Es kam zu einem Konflikt, wodurch ich ihn (leider) kritisiert habe und sauer auf ihn war. Daraufhin kam von ihm nichts mehr.

Ich habe mich leider Gottes erst danach wirklich intensiv mit seiner Krankheit auseinandergesetzt und bereue meine Taten nun, da man den BL-Partner nicht kritisieren soll. Ich habe ihm daraufhin geschrieben, dass ich ihn nicht verlieren möchte und nach wie vor an „uns“ weiterarbeiten will! Das war gestern und seitdem ignoriert er mich.

Habe auch gelesen, dass BL zum Kontaktabbruch tendieren, weil sie sich nicht mehr geliebt fühlen oder Hass für den Partner empfinden. Jetzt meine Frage: da ich nicht weiß, ob er gerade eher traurig oder wütend ist, wollte ich fragen, ob Sie einen Rat für mich haben? Soll ich ihn lieber in Ruhe lassen oder ihm in regelmäßigen Abständen schreiben, dass ich ihn nicht aufgebe, und ihn nach wie vor sehr liebe?

Möchte ihn nicht noch weiter von mir distanzieren & bin wirklich bereit, mit ihm an allem zu arbeiten, zumal er ja schon in Therapie ist und dadurch eigentlich immer einen sehr reflektierten Eindruck gemacht hat! Möchte nicht eine von den kurzen, intensiven Affären gewesen sein, sondern der Fels in der Brandung für ihn - dauerhaft.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Batzili,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Ihr Partner geht auf Distanz, nachdem sie ihn kritisiert haben. Es ging in diesem Streit darum, dass er sich von Ihnen distanziert und Sie darüber sauer waren.

Dieser Konflikt berührt ein grundlegendes Thema der BPS, nämlich um Nähe und Distanz in Beziehungen. Ihr Partner wird sich immer wieder zurückziehen müssen, um sich nicht in der Verschmelzung - die er sich einerseits sehnlichst wünscht, aber andererseits die Grenzen nicht mehr spüren kann - zu verlieren. Wenn Sie ihn also kritisieren, weil er sich zurückzieht, wird er in seiner Fähigkeit, Nähe und Distanz für sich zu regulieren, behindert. Es ist also verständlich , dass er jetzt komplett aus dem Kontakt geht. Denn an dieser Stelle geht es - aus seiner Sicht - nicht weiter.

Für Sie gestaltet sich die Beziehungsdynamik anders. Sie können nicht verstehen, warum er sich plötzlich zurückzieht und werden sauer. Hier stellt sich auch grundsätzlich die Frage, was Sie brauchen, um sich in einer Beziehung wohl, und vor allem sicher und geborgen zu fühlen.

Dass ihr Partner Sie idealisiert hat, mag für Sie eine beglückende Erfahrung gewesen sein. Doch die meist anfänglich paradiesische Nähe in einer Beziehung mit einem Borderline-Betroffenen ist nicht von Dauer und schwenkt sehr schnell wieder auf die Schattenseite.

Was dadurch häufig geschieht, ist, dass die Beziehungspartner versuchen, alles 'richtig' zu machen, um die alte Harmonie wiederherzustellen und zu halten.

Auch Sie sind gerade an diesem Punkt. Sie glauben, Sie haben etwas falsch gemacht. Doch das ist nicht der Fall. Sie haben ein anderes Bedürfnis als Ihr Partner und wollten sich darüber auseinandersetzen - auch streitend.

Doch eine solche Auseinandersetzung ist auf konstruktive Weise schwierig, weil es hier quasi um das 'Überlebensgefühl' des Borderliners geht. Er muss also eine Beziehung beenden oder aus dem Kontakt gehen, um sich selbst zu retten und in Sicherheit zu bringen. Aus dieser Sicht wäre es kontraproduktiv, wenn Sie ihn weiter bedrängen, Sie würden ihm seine letzte Verteidungsstrategie nehmen.

Sie möchten ihn zurück gewinnen und fragen sich, was Sie tun können, damit dies gelingt. Es gibt kein Erfolgsrezept dafür. Es hängt sehr von ihm ab und den Behandlungsfortschritten, die er in der Therapie macht. Da sich bei der BPS um eine schwere frühkindliche Bindungsstörung handelt, ist hier eine langfristige therapeutische Arbeit notwendig, um das Beziehungsmuster zu verändern.

Im Grunde braucht er sehr viel emotionalen und zeitlichen Raum, um sich zu regulieren. Das könnte jedoch bedeuten, dass Sie ständig in einer Warteposition verbleiben, ob und wann er nun Nähe möchte oder nicht. Daraus entsteht häufig eine typische Beziehungsdynamik. Es würde dazu führen, dass Sie Ihre Bedürfnisse immer mehr hinten an stellen, damit er genügend Raum hat. Auf Dauer kann eine solche Beziehung nicht funktionieren.

Was können Sie also tun? So banal es klingt: Bei sich bleiben. Das heißt, Sie verabschieden sich zunächst innerlich davon, dass Sie etwas richtig machen könnten oder der Fels in der Brandung zu sein. Bleiben Sie bei Ihren Gefühlen und Bedürfnissen, ohne ihn zu bedrängen. Seien Sie bereit, diese in den Kontakt einzubringen und zu verhandeln. Geben Sie ihm Raum, solange Sie es können OHNE sich selbst zu verleugnen.

Wenn Sie merken, Sie verstricken sich immer weiter in Abhängigkeitsgefühle, dann lösen Sie sich. Hilfreich könnte auch sein, dass Sie sich therapeutisch begleiten zu lassen, um die eigenen Anteile in der Beziehungsdynamik besser verstehen zu lernen (der Hinweis: ...dass Sie noch nie so eine Zuneigung erfahren haben). Vielleicht gibt es frühere Bindungserfahrungen in Ihrem Leben, die der gegenwärtig ambivalenten sehr ähnlich sind.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einige Anregungen geben und wünsche Ihnen alles Gute. Über ein kurzes Feedback würde ich mich freuen. Wenn Sie eine weiterführende Beratung möchten, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie
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