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Auch Männer brauchen Hilfe und Männerhäuser oder Familienhäuser

Wolfgang Laub Etwa 400 Frauenhäusern in Deutschland stehen bisher nur 2 „Männerhäuser“ entgegen. Obwohl Männer auch nach dem Gender Datenreport des Bundesfamilienministeriums von körperlicher Gewalt in heterosexuellen Paarbeziehungen quantitativ in annähernd gleichem Ausmaß wie Frauen betroffen zu sein scheinen. Eine Initiative aus Berlin und Kiel will dem mit einem Netzwerk für mehr Männer- bzw. Familienhäusern begegnen, das auch diese Problematik mehr der Öffentlichkeit bekannt machen möchte - von Wolfgang Laub, Oct 2012
Auch nach Berichten vieler Kollegen und Betroffenen
( - Verbänden) sowie Untersuchungen ist der gr. Bedarf an "Männerhäusern" offensichtlich. Studien belegen, dass Männer, männl. Jugendliche und Kinder etwa genauso oft Opfer häuslicher Gewalt sind wie Frauen. Zusätzlich noch oft außerfamiliärer physischer, psych., seel. Gewalt. Es fehlt aber an, analog zu Frauenhäusern, entsprechenden `niederschwelligen` Anlaufstellen, Zufluchtorten.
Zumal bei Männern kaum darüber geredet wird- vor allem nicht gegenüber Frauen, die aber oft Beratungen für Gewaltopfer leiten. Beim Berliner "Opferhilfe e.V" melden sich z.B. nur 5-10 männl. Opfer häusl. Gewalt pro Jahr. Zahlen der Kriminalstatistik entsprechend müssten es aber etwa 1750 sein. Das bestätigte in Interviews (z. B. mit der Süddeutschen Zeitung vom 5.9. 12) auch der Berliner Polizeisprecher Tönnjes, der dort ergänzte "Männer werden als Opfer nicht ernst genommen. Ein Mann, der sich meldet, weil er grün und blau geschlagen wurde, dem glaubt man nicht. Die Gesellschaft kann es sich nicht vorstellen, also gibt es das auch nicht". Wie die Kriminalstatistik 2011 belegt geht immer mehr häusl. Gewalt von Frauen aus, Tendenz steigend. Fast jeder 4. Tatverdächtige war weiblich. Auch nach einer Studie der Bundesregierung, des BMFSFJ ("Gewalt gegen Männer") erfuhren bereits 23 % der dort untersuchten Männer körperl. Auseinandersetzungen oder sexualisierte Gewalt in Partnerschaften; 9% schon 4x oder öfters. Wie auch dort zu lesen sind aber "Dunkelziffern“ wahrscheinlich viel höher. Das betrifft natürlich auch nicht „Weicheier" - als solche fühlen sich Betroffene leider auch oft, reden deshalb nicht darüber- zumal es leider auch negative „Frauenpower“ gibt. Wie z.B. in Berlin oft berichtet bedarf es bis 4 austrainierte männl. Polizisten für eine sehr aggressive Frau, z. B. unter Alkoholeinfluss. Und auch im häusl. Alltag werden auch starke Männer verprügelt, mit Pfannen beworfen, geschlagen, psychisch misshandelt (wie z. B. auch in der "Zeit" vom 8.3. 09 mit Beispielen und wissenschaftl. Untersuchungen belegt. Mit Fazit "Männer sind Täter, Frauen Opfer. Dieses Klischee stimmt nicht mehr. Auch Frauen üben Gewalt aus. Die Bereitschaft, darüber zu reden, ist allerdings immer noch gering"). Männer reden selten darüber, wehren sich kaum- da „man Frauen nicht schlägt". Ja. Aber natürlich muss auch betroffenen Männern und Frauen, geholfen werden damit richtig umzugehen, Auswege zu finden – oft auch aus eskalierender, gegenseitiger Gewalt, Konflikten, hochgekochten Emotionen- auch solchen, die Männer (mit) gestartet haben (mit oft Selbstvorwürfen dafür, was Reden darüber weiter erschwert). Dazu bedarf es vieler u.a. therapeutischer Angebote- aber eben auch Frauen-und Männerhäusern, da andere Angebote zunächst kaum aufgesucht werden können.
Nach Peter Thiel, Initiator des Berliner Männerhauses, in einem Interview mit der SH.Z im Oktober 2012 liegt dort der Bedarf bei "rund 1000 Fällen im Jahr, in denen Situationen derart eskalieren, dass es für die Männer richtig gefährlich wird". Das Männerhaus dort ist, ähnlich wie das andere in Oldenburg, völlig überlaufen und zeigt so auch in der Praxis enormen Bedarf. Der auch erst richtig offensichtlich werden kann, wenn es solche Anlaufstellen gibt, Männer sich dorthin wenden bzw. auch (anonym) "outen" können. Die Scham sich an andere Stellen, auch Polizei, zu wenden ist sonst fast immer zu groß, zu große Schwelle.
In Schleswig-Holstein, Hamburg und ggf. darüber hinaus startete ich deshalb nun wieder ehrenamtl. Initiativen für Männerhäuser, die – wie in Berlin und Oldenburg – auch in Wohnungen untergebracht werden könnten, von Ehrenamtlichen (auch Fachkräften) betreut, durch Spenden finanziert. Bei länger dort verbleibenden Männern, Jugendlichen und ggf. deren Kindern durch Mietbeteiligungen, ggf. auch über Ämter finanziert. Wenn sich in der Praxis großer Bedarf zeigt sollen -nötigerweise- Stadt und Land als weitere Unterstützer gewonnen werden - wie auch in Berlin und Oldenburg angestrebt.
Es werden hier frühere diesbezügl. Initiativen aufgegriffen, mit denen wir auch in Kontakt stehen. Ebenso wie mit dem einzigen Männerhaus der Schweiz, das die Initiative – ebenso wie div. Väterorganisationen- begrüßt. Unsere Ini.ermöglicht künftig auch diesen und ähnlichen Initiativen im deutschsprachigen Raum sich kostenlos auf „www.maennerhaeuser.de“ noch besser vorstellen, vernetzen zu können, durch damit auch mehr möglicher Öffentlichkeitsarbeit (ggf. auch für polit. Forderungen) für die „Gewalt gegen Männer -Problematik“ - leisten zu können (deren Notwendigkeit wird allerdings auch schon in o.g. Studie der Bundesregierung bestätigt).
Zudem sollen dort auch Infos, Tipps weiter gegeben werden können zur Initiierung weiterer Einrichtungen bzw. mehr Erfahrungsaustausch ermöglicht.
Die Ini. setzt sich selbstverständlich auch dafür ein, dass es für betroffene Frauen, Mädchen bessere Angebote gibt, die unterstützt werden. Nur wird aus o. g. Gründen zunächst auf männl. Opfer der Schwerpunkt gelegt. Im Gegensatz zu Hunderten Frauenhäusern dort gibt es Männerhäuser in 14 (!) Bundesländern bisher überhaupt nicht. Trotz Jahre langer Forderungen div. Organisationen dafür, die seit vielen Jahre unzählige jüngere und ältere Männer bzw. männl. Jugendliche in Notsituationen ehrenamtlich, in privaten Wohnungen unterstützen bzw. schützen. Was aber natürlich nicht ausreicht.

Für die weitere Entwicklung finde ich zudem die Anregung des Soziologen Gerhard Amendt sehr diskussionswert, der statt nur Frauenhäusern (und Männerhäusern) „Familienhäuser“ vorschlägt- in denen auch nicht nur von häuslicher Gewalt Betroffene jeden Geschlechts Zuflucht finden, sondern die auch eine profess. familienorientierte Aufarbeitung der Geschehnisse und ihrer Hintergründe durch alle Beteiligten ermöglichen.

Wolfgang Laub

(Dipl.-Pädagoge, Umgangspfleger und Familien-Therapeut; Kiel und Berlin)
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