Ich brauche zwar Hilfe, habe aber kein Vertrauen zu Therapeuten ---

Lieber Phil,

danke, dass Sie sich an uns wenden. Und ein Minimum an Vertrauen werden Sie haben, denn sonst würden Sie hier nicht anfragen.

Was Sie beschreiben ist genau der Knackpunkt wenn die (nach Laurence Heller NARM) 3. Kernressource 'VERTRAUEN' nicht vollständig entwickelt, sondern eingeschränkt ist.

Das kann ein großes Problem in der Therapie sein. Und das führt auch oft dazu, dass Menschen mit eingschränkter 3. Kernressource keinen Therapeuten aufsuchen.

In der Therapie mit Bindungstrauma haben wir es in der Tat mit einem sensiblen Bereich zu tun, indem alles, was geschieht und alles, was Sie erleben mit großer Feinfühligkeit, mit sehr viel Mitgefühl, aber auch mit Aufrichtigkeit und Klarheit behandelt werden muss. Und alles muss immer auch auf der Metaebene angeschaut und angesprochen werden.

Wahrscheinlich kennen Sie meinen YouTube Kanal schon, den ich zur Aufklärung und zur Verbesserung der Lage für an Bindungsverletzungen leidende Menschen (so wie Sie) betreibe. Falls nicht, schauen Sie sich dort die Playlists „NARM- die 5 Kernressourcen“, sowie 'Bindung und Wissenschaft' und die Videos 51. und 52. zu Therapeutensuche und Therapie bei Bindungstrauma an:

https://www.youtube.com/c/TraumaTherapie

Letztlich ist es so, dass Ihnen wohl nichts anderes übrig bleiben wird, als allen vorhandenen Mut zusammenzukratzen und sich auf's Glatteis zu begeben. Sie müssen dafür, zumindest aus meiner Sicht, nach vorheriger Prüfung nur ein Minimum an Vertrauen aufbringen. Ungefähr so viel, wie Sie aufgebracht haben, um hier anzufragen.

Wesentlich und unerlässlich allerdings ist es, dass Sie Ihr Vertrauensthema immer im Blick haben, sich, sowie Ihre Gedanken und Gefühle immer daraufhin beobachten und diese innere Dynamik mit dem Therapeuten auf der Metaebene erforschen. Klar ist, wer kein Vertrauen entwickeln konnte, muss solange prüfen, bis er im Rahmen seiner Möglichkeiten nach und nach Vertrauen aufbauen lernt. Das kann dauern, lohnt sich aber.

Man kann nicht leben und sich schadlos halten. Daher: Prüfen Sie gut, machen Sie sich kundig, nehmen Sie Ihre Wahrnehmung Ernst, ohne ihr blind zu vertrauen und thematisieren Sie direkt Ihre Vertrauensthematik, wenn Sie sich bei einem Therapeuten vorstellen. Äußern Sie Ihre Zweifel. Dann schauen Sie, wie Ihnen seine Reaktion darauf bekommt. Erforschen Sie, was Sie brauchen, um Vertrauen aufbauen zu können. Das ist wichtig. Das wird Ihr Kompass sein.

Es bleiben Ihnen nur zwei Möglichkeiten: im Alten verharren oder gerade mal soviel Neues wagen, wie Sie zur Zeit verkraften. Das wäre der Weg, den ich an Ihrer Stelle gehen würde. Therapeuten, die in Somatic Experiencing und NARM ausgebildet sind, sollten in der Lage sein, auch Patienten mit stark eingeschränkter Vertrauensfähigkeit einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem sie neue Erfahrungen machen, und lernen, wie sie Vertrauen nach und nach aufbauen können. Aber, wie gesagt, prüfen Sie selbst. Das wird Sie stärken. Wenn wir uns selbst mitfühlend annehmen, in uns selbst und unsere Wahrnehmung vertrauend, dann kann unser Vertareun nicht mehr von anderen missbraucht werden. Der Weg dorthin mag weit sein, aber Sie können ihn gehen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen Mut zur Tat machen, wenn ja, freue ich mich über eine entsprechende Bewertung.


Ihre Marion Weber

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