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Verständnis und Umgang mit Veränderungen im Verhalten des Partners

Mila (w, 44) aus Ulm: Zwischen meinem Mann und mir gibt es eine emotionale Mauer. Ich habe das Gefühl, dass ich hinter seiner Familie zurück stehe. Wenn ich etwas gegen sie sage, streitet er mit mir und verteidigt sie. Schon öfter hat sich rausgestellt, dass ich Recht hatte. Dann gibt es keine Entschuldigung für mich, für die Person aus der Familie keine Konsequenzen. Mir fehlt die Empathie mir gegenüber. Ein Beispiel ist, dass sein Bruder uns um Geld betrogen hat, also es sind keine Kleinigkeiten. Er fühlt sich aus irgendeinem Grund verpflichtet, immer zur Familie zu stehen. Wenn ich negative Gefühle bestimmten Familienmitgliedern gegenüber habe, wirft er mir das vor.

Außerdem hat er sich komplett verändert. Früher war er ruhig, entspannt, fröhlich, mittlerweile ist er oft depressiv, kreiiert Probleme, die gar nicht existieren, fühlt sich ständig angegriffen und geht in die Opferhaltung. Und er hat seine 'Anfälle'. Manchmal ist er einfach weg und kommt nicht nach Hause. Wenn ich ihn frage, wo er war, sagt er z.B. er wäre einfach mit dem Auto von 19 bis 1 Uhr nachts rumgefahren. Oder er nimmt meine Bankkarte und hebt größere Beträge von meinem Konto ab ohne Erklärung wo das Geld hin ist. Das kommt mir dann vor, wie wenn er plötzlich ein anderer Mensch wäre. Ich habe das Gefühl, dass er mit diesen 'Anfällen' irgendetwas kompensiert. Ich habe kein Vertrauen mehr, das Gefühl, alles kontrollieren zu müssen und fühle mich in meiner Existenz bedroht.

Wie kann ich mit diesen Familienproblemen umgehen?
Was sind das für 'Anfälle'?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Mila,

herzlichen Dank, dass Sie sich mit Ihrer Situation an uns wenden. Es erfordert Mut, diese komplexe und emotional belastende Dynamik zu reflektieren und Unterstützung zu suchen. Ihre Schilderung zeigt deutlich, wie sehr Sie unter den aktuellen Umständen leiden. Ich möchte Ihnen hiermit konkrete Ansätze und Perspektiven aufzeigen, um Ihre Lage besser zu verstehen und Handlungswege zu finden.

1. Umgang mit den Familienproblemen

Ihr Gefühl, hinter der Familie Ihres Mannes zurückzustehen, ist schmerzlich und verständlich. Konflikte entstehen oft, wenn die Loyalität gegenüber der Herkunftsfamilie mit den Bedürfnissen der Partnerschaft kollidiert. Ihr Mann scheint sich in einem inneren Konflikt zu befinden, den er bisher nicht oder reflektiert hat.

Empfehlungen für Sie:

Klare Kommunikation über Ihre Bedürfnisse:
Teilen Sie Ihrem Mann mit, was Sie emotional belastet, ohne Vorwürfe zu formulieren. Sie könnten beispielsweise sagen:
„Ich fühle mich oft zurückgesetzt, wenn die Interessen Deiner Familie wichtiger sind als meine Gefühle.“ Das tut mir weh, weil ich mir wünsche, dass wir als Paar stärker zusammenstehen.“

Grenzen setzen:
Die Vorfälle, die Sie schildern – insbesondere der Betrug durch seinen Bruder – erfordern klare Konsequenzen. Es ist wichtig, dass Ihr Mann versteht, dass solche Vorkommnisse nicht ohne Klärung oder Wiedergutmachung bleiben können. Sie könnten sagen:
„Ich verstehe, dass Dir Deine Familie wichtig ist, aber ich benötige, dass wir als Team handeln.“ Wenn jemand uns schadet, erwarte ich, dass wir gemeinsam eine Lösung finden und Du mich unterstützt.“

Ihre Position stärken:
Sollten Gespräche keine Veränderung bewirken, könnten Sie auch überlegen sein, wie Sie Ihre Position unabhängig von seiner Familie stärken können. Dies könnte auch bedeuten, in bestimmten Situationen klare Grenzen zu ziehen, zum Beispiel beim Kontakt zu einzelnen Familienangehörigen.

2. Verhalten und „Anfälle“ Ihres Mannes

Die von Ihnen beschriebenen Verhaltensweisen – plötzliche Rückzüge, zielloses Herumfahren, unerklärliche Geldabhebungen – weisen auf eine möglicherweise liegende tiefere psychische Belastung hin. Es könnte sich um eine Form von Depression handeln, vielleicht auch um ein Kunst kompensierendes Verhalten, um inneren Stress zu regulieren. Seine „Anfälle“ könnten auch ein Hinweis darauf sein, dass er sich in einer Phase emotionaler Überforderung oder sogar Identitätskrise befindet.

Mögliche Ursachen:

Unverarbeitete Konflikte:
Sein Verhalten könnte darauf hindeuten, dass er Schwierigkeiten hat, mit bestimmten familiären oder partnerschaftlichen Erwartungen umzugehen. Möglicherweise empfindet er einen Loyalitätskonflikt zwischen Ihnen und seiner Familie.

Psychische Belastung:
Die von Ihnen geschilderte depressive Stimmung, das Erschaffen von Problemen und die Opferhaltung könnten auf eine depressive Episode oder eine andere psychische Störung hinweisen.

Vermeidungsverhalten:
Das plötzliche Verschwinden und das scheinbar ziellose Verhalten könnten eine Art Flucht vor Verantwortung oder emotionalen Konflikten darstellen.

3. Wie Sie mit der Situation umgehen können

Kurzfristige Maßnahmen:

Offene und wertschätzende Gespräche:
Versuchen Sie, einen Rahmen zu schaffen, in dem Ihr Mann über seine Gefühle und Beweggründe sprechen kann. Sie könnten fragen:
„Ich habe den Eindruck, dass Dich etwas sehr belastet hat.“ Kannst Du mir sagen, was in Dir vorgeht?“
Es ist wichtig, einfühlsam zu bleiben, auch wenn seine Antworten vielleicht nicht sofort zufriedenstellend sind.

Konkrete Absprachen treffen:
Gerade in Bezug auf das gemeinsame Finanzmanagement ist es wichtig, klare Abmachungen zu haben. Sie könnten ihm freundlich, aber bestimmt mitteilen, dass finanzielle Entscheidungen abgesprochen werden müssen und Konsequenzen ziehen, falls dies nicht geschieht.

Mittelfristige Maßnahmen:

Therapeutische Unterstützung empfehlen:
Es könnte hilfreich sein, wenn Ihr Mann eine psychotherapeutische Begleitung in Anspruch nimmt, um seine eigenen Konflikte besser zu verstehen und zu bewältigen. Sie könnten ihm dies behutsam vorschlagen, zum Beispiel so:
„Ich sehe, dass es Dir nicht gut geht, und ich möchte, dass wir gemeinsam eine Lösung finden.“ Vielleicht könnte Dir ein Gespräch mit einer neutralen Person helfen, die Dir Unterstützung bietet.“

Paartherapie in Betracht ziehen:
Wenn sich die Konflikte zwischen Ihnen beiden weiter zuspitzen, könnte eine Paartherapie helfen, die Dynamiken in Ihrer Beziehung zu klären und neue Kommunikationswege zu eröffnen.

Langfristige Maßnahmen:

Eigene Stabilität aufbauen:
Ihre Schilderung zeigt, dass Sie sich zunehmend unsicher und bedroht fühlen. Es ist entscheidend, dass Sie selbst Stabilität und Sicherheit finden, sei es durch ein starkes soziales Netzwerk, eine eigene therapeutische Begleitung oder klare eigene Ziele.

Grenzen und Konsequenzen definieren:
Überlegen Sie, welche Verhaltensweisen Sie auf Dauer nicht akzeptieren können, und kommunizieren Sie dies klar. Vertrauen und Respekt sind die Grundlage jeder Partnerschaft.

Abschließende Worte
Ihre Lage ist nicht einfach. Es ist bewundernswert, dass Sie sich Ihrer Situation so bewusst sind und aktiv nach Lösungen suchen. Ihr Gefühl, dass Sie alles kontrollieren müssen, zeigt, wie sehr diese Dynamik Ihre Kräfte beansprucht. Sie haben das Recht auf eine Partnerschaft, die Sie stärkt und in der Ihre Bedürfnisse ernst genommen werden.

Ich möchte Sie ermutigen, für sich selbst einzustehen und gleichzeitig zu prüfen, wie Sie Ihrem Mann helfen können – ohne dabei Ihre eigenen Grenzen zu überschreiten.

Mit herzlichen Grüßen

Manja Biedermann
Heilpraktikerin für Psychotherapie





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