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Mein Mann will sich trennen - hat er eine Depression?

TOE82 (w, 40) aus Heilbronn: Liebe alle,

wir sind 5 Jahren verheiratet, haben einen 3 jährigen Sohn und versuchen seit einem Jahr schwanger zu werden - vergebens. Wir führen eine harmonische Beziehung ohne Streit. Im Februar ist mein Schwiegervater gestorben und dann fing es an. Mein Mann wollte nur noch alleine sein, hat sich zurückgezogen, wir haben weder gelacht noch Tage/Abende zusammen verbracht, Zärtlichkeiten Fehlanzeige. Ich weiß, dass ihn seine Arbeit seit Jahren stresst, es ihm einfach zu viel ist und es ihm keinen Spass macht. er trifft sich nur noch selten mit Freunden, alles was ihm Spass gemacht hat, macht er nicht mehr (Musik, an Autos herumschrauben, Fahrrad fahren). er sitzt nur da und liest und schweigt mich an. Er flüchtet seit neustem ins Fitnessstudio - jeden Abend. Von heute auf morgen verkündet er mir dann, er liebt mich nicht mehr so wie einen Ehepartner und kann so nicht leben, denkt an Trennung. Vor Drei Monaten noch hatte er unheimlich angst, dass ich ihn jemals verlasse. Er sagt es fühle sich an wie in einer WG und da ist nichts mehr.

Nun meine Frage: ist da wirklich nichts mehr, oder überdeckt die Depression seine Gefühle. Dazu muss ich sagen, dass eine Depression nicht diagnostiziert ist. Noch war er nicht beim Arzt. Aber wir sehen beide, dass er viele typische Symptome hat. Dennoch sagt er, er liebt mich nicht mehr wie er sollte und möchte sich wahrscheinlich trennen.

Was soll ich nur tun. Ich will diesen Mann nicht verlieren!

Danke für Ihre Antwort.
lg

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Toe,

ich kann gut verstehen, dass Sie Ihren Mann nicht verlieren wollen.

Was Sie vom Verhalten Ihres Mannes schildern, deutet für mich schon darauf hin, dass er wahrscheinlich an einer Depression leiden könnte. Offensichtlich gibt es mehrere äußere Faktoren, die dazu beigetragen haben könnten: Der unerfüllte Kinderwunsch, der schon seit Jahren anhaltende Stress mit seinem Job, und dann kam im Februar noch der Tod seines Vaters hinzu und hat möglicherweise das Fass zum Überlaufen gebracht. Auch dass er sich von Ihnen und seinen Freunden zurückzieht und seine Hobbys nicht mehr ausübt, können typische Anzeichen einer Depression sein.

Es ist dann nicht unüblich, dass Betroffene den Eindruck haben, Ihren Partner nicht mehr zu lieben und eine Trennung in Erwägung ziehen oder sich tatsächlich trennen. Das liegt daran, dass positive Gefühle nicht mehr oder nur sehr schwach empfunden werden und die Betroffenen daraus schlussfolgern, dass sie keine Liebe mehr für ihren Partner empfinden. Auch fühlen sie sich oft als eine Belastung für andere und möchten den Partner durch die Trennung davon erlösen – auch wenn der Partner das häufig nicht so empfindet oder will. Wenn die Depression aber behandelt wird und wieder abklingt, dann kann es durchaus sein, dass die positiven Gefühle für den Partner und die Beziehung zurückkehren. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, ob das bei Ihrem Partner genau so ist. Aber es ist sicher möglich, nach dem, was Sie beschreiben, dass Sie eigentlich eine harmonische Beziehung haben und es keine größeren Konflikte gab.

Ich würde unbedingt dazu raten, dass Ihr Mann sich professionelle Unterstützung sucht. Der Hausarzt ist hier eine gute erste Anlaufstelle, um zu klären, ob es sich um eine behandlungsbedürftige Depression handelt und welche nächsten Schritte sinnvoll wären. Das kann eine Therapie bei einem Psychotherapeuten sein oder in manchen Fällen auch ein Aufenthalt in einer Klinik oder Tagesklinik – je nach Schweregrad, und natürlich auch abhängig davon, was der Patient möchte. Eine zusätzliche medikamentöse Unterstützung kann auch manchmal sinnvoll sein, falls eine Depression vorliegt, jedoch sollte sie nicht ohne begleitende Therapie stattfinden.

Ich verstehe, dass für Sie die Situation gerade sehr schwierig ist, weil es ungewiss ist, wie es weitergeht und ob Ihr Mann sich wirklich von Ihnen trennen wird. Vielleicht kann es hilfreich sein, ihn zunächst dabei zu unterstützen, zum Arzt zu gehen und die möglichen nächsten Schritte umzusetzen, wenn er das zulässt. Denn das kann für jemanden, dem es nicht gut geht und der sich dadurch zurückgezogen hat, sehr schwierig sein. Vielleicht ist Ihr Mann auch dazu bereit, die Entscheidung für oder gegen eine Trennung auf die Zeit zu verschieben, wenn es ihm wieder besser geht.

Schauen Sie bei allem aber auch auf sich, was Ihnen jetzt gut tun und Sie unterstützen kann. Gibt es Menschen, in Ihrem Umfeld, mit denen Sie reden können? Gibt es Dinge oder Aktivitäten, die Ihnen gut tun und Sie vielleicht auch ein bisschen ablenken oder Ihnen Kraft geben? Brauchen Sie noch zusätzliche Unterstützung? Auch wenn eine Depression in der Regel gut behandelbar ist und ich bei Ihrem Mann da nach Ihren Beschreibungen auch gute Chancen sehe, dass er wieder auf die Beine kommt, ist die Zeit bis dahin für Angehörige auch oft eine Belastung. Deswegen achten Sie gut auf sich und tun Sie viel dafür, dass es Ihnen so gut wie möglich geht.

Ich drücke Ihnen und Ihrem Mann die Daumen, dass Sie gut durch diese schwierige Zeit hindurch kommen. Sollten Sie noch Fragen zu meiner Nachricht haben, können Sie sich gern per Email an mich wenden unter: info@loesbar-online.de

Ansonsten wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Kraft.

Viele Grüße
Astrid Hiersekorn





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