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Ich verletze meine Freundin mit meiner Eifersucht, weil ich nicht vertrauen kann

T3 (m, 23) aus Herne: Hallo liebes Team,

Mir fällt es nicht leicht über mein Problem zu sprechen , versuche es aber dennoch bestmöglich. Es geht um meine extreme Eifersucht. Ich komme erstmal zu mir und meinem Hintergrund.

Ich bin 23 Jahre alt und seit kurz nach meiner Geburt Scheidungskind und bei meiner Mutter groß geworden. Ich glaube diese Information könnte wichtig sein und mit dazu geführt haben, wie stark meine Eifersucht ausgereift ist. Mit ca. 15 Jahren habe ich meine erste große Liebe kennen gelernt und war ca 3 Jahre mit dieser in einer Beziehung.

Nach diesen drei Jahren habe ich erfahren, dass ich 2 Jahre sexuell hintergangen wurde. Das Vertrauen war schlagartig verloren und hat sich in neue Beziehungen bemerkbar gemacht. Nach vielen gescheiterten Beziehungen habe ich vor gut einem halben Jahr eine Frau kennen gelernt, die mir endlich wieder das Gefühl vermitteln konnte, dass ich lieben und vertrauen kann.

Leider stellt sich nur immer wieder meine extreme Eifersucht dazwischen. Ich werfe ihr ohne Grund vor, mich zu betrügen, kontrolliere zwanghaft und ohne Gründe und verletze sie zu tiefst mit meinem ganzen Verhalten. Ich denke, dass meine Kindheit und die erste große Liebe verursacht haben, dass sich diese Verlustangst und Eifersucht gebildet hat.

Ich habe sehr starke Gefühle für diese Frau und versuche mir immer bewusst zu machen, dass mich diese Frau eigentlich liebt und es keinen Grund gibt, mir Sorgen zu machen. Ich hoffe auf gute Tipps, um mein Problem endlich in den Griff zu bekommen.

Liebe Grüße

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber T3,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Sie mussten schon als Säugling die Erfahrung machen, dass eine primäre Bindung (zu ihrem Vater) unsicher ist und jederzeit abgebrochen werden kann. Als Sie mit 18 Jahren dann erfuhren, dass Ihre erste große Liebe Sie 2 Jahre lang betrogen hat, wurde Ihr Vertrauen in eine nahe Beziehung ein weiteres Mal tief und schmerzlich erschüttert. Insofern spüren Sie ganz richtig, dass Ihre extreme Eifersucht nun der unglückliche Versuch ist, weiteren Schmerz zu vermeiden, indem Sie Ihre Partnerin zwanghaft kontrollieren und ihr unterstellen, sie würde Sie hintergehen.

Sie wissen, dass es nicht funktionieren kann und trotzdem fällt es Ihnen schwer, Ihre Kontrolle aufzugeben und wieder zu vertrauen. Ihre Partnerin vermittelt Ihnen bereits ausreichend, dass sie vertrauenswürdig ist, das können Sie sogar spüren.

Doch was fehlt, ist das Loslassen. Liebe kann nur in einem Beziehungsklima von gegenseitigem Vertrauen entstehen und wachsen. Ihre Eifersucht verhindert dieses Wachstum momentan. Sie wünschen sich absolute Sicherheit auf Dauer in einer Partnerschaft, doch die gibt es nicht. Ihr Wunsch ist unbewusst der des kleinen Säuglings, der damals noch nicht sprechen konnte, sonst hätte er gesagt: Bleib bei mir, lass mich nicht allein.

Jetzt sind Sie in einer reifen, erwachsenen Beziehung angekommen. Sie lieben aufrichtig und von ganzem Herzen. Doch dazu gehört auch, Schmerz zu erfahren. Als Menschen wünschen wir uns, Liebe zu erfahren ohne Schmerz, doch das ist das eigentliche Problem. Wir können weder Liebe festhalten, noch Treue erzwingen. Kognitiv wissen Sie das wahrscheinlich bereits. Jetzt geht es darum, es auch zu fühlen.

Ihre Partnerin ist nicht dafür zuständig, für 100%iges Vertrauen in ihrer Beziehung zu sorgen und dafür Beweise zu erbringen. Es ist jetzt an Ihnen, selbstverantwortlich mit Ihren alten Wunden umzugehen, sich aus der Schutzhaltung vorsichtig herauszuwagen und wieder Vertrauen in die Beziehung einzubringen - ohne Sicherheitsnetz und doppeltem Boden.

Wenn Sie merken, Sie können das nicht, übernehmen Sie Verantwortung und beenden die Beziehung lieber, als Ihre Partnerin mit Ihrem Misstrauen weiterhin zu verletzen. Am besten suchen Sie sich therapeutische Unterstützung, um mit den alten Verletzungen abschließen zu können. Dieser Prozess, der zugleich auch ein Reifungsprozess ist, wird jedoch etwas Zeit brauchen.

Die alten Erfahrungen mögen der Grund sein, warum wir so fühlen und handeln, wie wir es tun. Doch mit dem Mitgefühl für uns selbst, wird auch der nächste Schritt notwendig, nämlich die alten Verletzungen anzunehmen und weiter zu gehen. Ins Vertrauen zurück zu finden und zu wissen, dass Schmerz im Leben und in Partnerschaften niemals zu vermeiden ist. Wenn Sie diese innere emotionale Haltung für sich finden können - wie auch immer Ihr Weg dahin aussehen mag - werden Sie sich freier fühlen und Ihre Partnerin wirklich lieben können.

Ich wünsche Ihnen alles Gute. Über ein kurzes Feedback würde ich mich freuen.

Viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie


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