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Ich bin total zerrissen - soll ich meine Frau verlassen und einen Neuanfang wagen?

Jo (m, 58) aus Mannheim:

Meine Frau leidet seit vielen Jahren an Angststörungen, Allergien, Hypersensibilität, letzteres hat dazu geführt, dass wir nun auch schon lange Zeit in getrennten Schlafzimmern schlafen, unser Liebesleben ist erloschen. Unsere erwachsenen Kinder sind mehr oder weniger aus dem Haus.

Ich habe sie die ganze Zeit mit ganzer Kraft unterstützt und gehofft, dass es besser wird. Aufgrund der Krankheiten können wir außer mal einem Einkaufsbummel nichts unternehmen, weder essen gehen noch Konzerte etc. gemeinsame Urlaube sind auch nicht möglich.

Nun habe ich jemand kennengelernt, der all die Bedürfnisse, die ich mir so wünsche erfüllen könnte. Ich weiß jedoch nicht, ob meine Kraft reicht, mich zu trennen und meine Frau ihrem Schicksal zu überlassen und all das, was wir uns über 25 Jahre aufgebaut haben, wegzuwerfen und einen Neuanfang zu wagen. Ich bin total zerrissen und weiß nicht mehr weiter.
Nur so kann ich sicher nicht mehr weitermachen.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber Jo,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Ich kann Ihre innere Zerrissenheit sehr gut verstehen. Sie haben Ihre Frau in all den Jahren dabei unterstützt, Ihre Erkrankung zu bewältigen. Sie haben immer gehofft, dass es ihr eines Tages vielleicht wieder besser gehen wird und dann wieder mehr ein gemeinschaftliches Beziehungsleben möglich ist. Doch bislang hat sich diese Hoffnung nicht erfüllt.

Die Einschränkungen, die Ihre Frau erfährt, belasten auch Ihre Beziehung maßgeblich. Sie kann sich kaum auf Sie einstellen und wird die meiste Zeit damit beschäftigt sein, sich um sich selbst zu kümmern.

Nun haben Sie jemanden kennen gelernt, der auch Ihre Bedürfnisse erfüllen kann. Es ist sehr wichtig, dass Sie sich deshalb nicht verurteilen. Sie möchten Ihrer Frau helfen und sie unterstützen, aber Sie haben auch eigene Bedürfnisse, das ist völlig legitim.

Die Symptome Ihrer Frau sind starke Abwehrreaktionen, sowohl auf der psychischen als auch körperlichen Ebene. Ich nehme an, dass sie in irgendeiner Weise mit ihren lebensgeschichtlichen Erfahrungen zusammenhängen. Sie haben nicht geschrieben, ob sie sich behandeln lässt oder dies aufgrund erfolgloser Behandlungen bereits aufgegeben hat. Empfehlenswert wäre auf jeden Fall, hier dran zu bleiben, damit sich die Symptomatik nicht weiter verstärkt. Falls noch nicht geschehen oder angedacht, eventuell käme auch eine Traumatherapie in Frage.

Aus meiner Sicht wäre es ratsam zu überlegen, ob Sie gemeinsam mit Ihrer Frau einen Weg finden könnten, sie weiter zu stützen, aber trotzdem auch Ihr eigenes Leben wieder leben zu können. Beides muss sich nicht ausschließen. Es ist manchmal mehr eine Frage der Definition von Beziehung und die Aufgabe, sich aus der Vorstellung von Entweder-Oder zu befreien.

Sie können Ihrer Frau als stützender, verbunden bleibender Freund erhalten bleiben. Wenn Ihre Frau trotz eigener Einschränkung einsehen kann, dass auch Sie - als bisher pflegender Angehöriger - ein Anrecht auf eigenes Leben haben, so könnte das eine gute Grundlage für eine Neuverhandlung der Beziehung sein. Dabei entstünde zusätzlich die Möglichkeit, dass auch Ihre Frau wieder mehr in ihre Kraft zurückfindet, weil sie weniger Unterstützung bekommt bzw. sich anders orientieren muss.

Vielleicht könnte das sogar ein Hintergrund der aktuellen Entwicklung sein, dass ihre Beziehungsdynamik, die aufgrund der Erkrankung Ihrer Frau sehr festgefahren ist, wieder in Bewegung kommt. Insofern sehe ich Ihr jetziges Erleben als Chance für Sie und Ihre Frau, ihre festgelegten Rollen zu verlassen.

Da ich Ihre Lebenssituation nicht in Gänze kenne und einschätzen kann, bitte ich Sie, meine Ausführungen lediglich als Anregungen zu verstehen. Schauen Sie, was davon für Sie zutreffend und hilfreich sein könnte.

Ich wünsche Ihnen alles Gute. Über ein kurzes Feedback würde ich mich freuen.

Viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie










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