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Gesprächstherapie nach Carl R. Rogers

Die Gesprächspsychotherapie nach Carl R. Rogers, auch "Personzentrierter Ansatz in der Psychotherapie" genannt, hat sich neben den tiefenpsychologischen Verfahren und der Verhaltenstherapie als dritte Kraft in der Psychologie und der Therapie etabliert. - von Claudia Schmitt, Heilpraktiker für Psychotherapie.

Der Therapeut muss etwas anbieten

Die Gesprächspsychotherapie gehört zu den humanistischen Methoden, die die These vertreten, dass der Mensch mehr als die Summe seiner Teile ist, dass er bewusst und in zwischenmenschlichen Beziehungen lebt und dass er sich entscheiden kann. Sie ist ressourcenorientiert, d.h. sie konzentriert sich auf die Möglichkeiten, die der Mensch in sich trägt und bleibt im Hier und Jetzt. Rogers ging sogar so weit, dass er die Diagnostik für kontraproduktiv einschätzte und sich dagegen verwahrte, weil Menschen dadurch in Schubladen gesteckt würden, aus denen sie nur sehr schwer wieder heraus kommen könnten.
Rogers ging davon aus, dass die Beziehung zwischen Klient und Therapeut den zentralen Ansatz für eine Therapie darstellt. Die emotionale Ebene, der Ausdruck, die Körpersprache und das prinzipielle, gegenseitige Wohlwollen stehen im Vordergrund. Der Therapeut bietet Beziehung an, der Klient kann sie annehmen.
Rogers Annahme ist, dass jeder Mensch eine Vorstellung von dem entwickelt, was er ist und wie er auf die Umwelt wirkt (Selbstkonzept). Wenn nun durch Reaktionen anderer Menschen dieses Selbstkonzept wankt, gerät der Mensch in eine innere Wirrnis; Selbstkonzept und Erleben passen nicht mehr zusammen. Daraus entsteht ein Leidensdruck und hier setzt Rogers mit seiner Therapietheorie an:
Der Therapeut ist authentisch, d.h. er hat Zugang zu seinen eigenen Gefühlen und ist sich dieser auch bewusst. Er versucht, sich in den inneren Bezugsrahmen des Klienten einzufühlen und dessen Gefühle wahrzunehmen (Empathie). Der Klient erfährt so das Gefühl der bedingungslosen positiven Wertschätzung als das, was er in seiner menschlichen Gesamtheit ist.

Alles Leben will den besten inneren Zustand erreichen

Es gibt keine Vorgaben oder Anweisungen seitens des Therapeuten, er belehrt und bewertet nicht, tröstet nicht und redet nicht über eigene Erfahrungen. Der Klient spricht über das, was er möchte, der Therapeut hört vor allem aufmerksam zu. Diesen Ansatz nennt man auch "nicht-direktiv". Damit sich ein therapeutischer Prozess entwickelt, gibt es folgende Bedingungen*:
  • Zwei Personen befinden sich in Kontakt.
  • Die erste Person, der Klient, steht unter Leidensdruck, ist verletzlich oder voll Angst.
  • Die zweite Person, der Therapeut, ist kongruent in der Beziehung.
  • Der Therapeut empfindet bedingungslose Wertschätzung gegenüber dem Klienten.
  • Der Therapeut erfährt empathisch den inneren Bezugsrahmen des Klienten.
  • Der Klient nimmt zumindest in geringem Ausmaß die Bedingungen 4 und 5 wahr.
*(Aus: Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen, Rogers, 1959)
Laut Rogers ist jedem Organismus die Tendenz zur Selbstaktualisierung inne: Alles Leben versucht, den für sich besten inneren Zustand zu erreichen. Indem nun der Therapeut den Klienten so annimmt, wie er ist, kann der Klient sein, wie er ist und somit alles, was er bisher unterdrückt und weggeschoben hat, erlebbar machen. Die bedingungslose positive Wertschätzung verspricht jedoch nicht den Anspruch auf "Kuscheltherapie", denn der Therapeut versucht, seine Gefühle dem Klienten gegenüber wahrzunehmen und auch mitzuteilen. Diese können durchaus aggressiv oder traurig gefärbt sein, je nach dem, was der Therapeut wahrnimmt.
Indem der Therapeut Gefühlswahrnehmungen ausspricht, passiert es oftmals, dass der Klient feststellt, dass es das ist, was er selbst auch schon fühlt, aber aus vielerlei Gründen bisher nicht ausgesprochen oder sich eingestanden hat.

Was viele Menschen verdrängen

Gerade in der heutigen Zeit haben viele Menschen das Gefühl, funktionieren zu müssen. Im Beruf, in der Familie und in vielen anderen Bereichen wird erwartet, dass Regeln eingehalten werden - auch gegen die eigenen Vorstellungen. Gefühle wie Wut, Aggression oder Trauer, die sich daraufhin entwickeln, werden vom Klienten oft nicht wahrgenommen oder verdrängt, weil sie eben nicht "erwünscht" sind. So entsteht langsam ein Leidensdruck, der oft lange nicht wahrgenommen wird und sich dann in Burnout-Syndromen oder Depressionen, Ängsten und Phobien Bahn bricht.
Die Erfahrung, die der Klient in der Gesprächspsychotherapie macht, nämlich bedingungslos angenommen zu werden mit allen Stärken und Schwächen, einfach in seiner Gesamtheit als Mensch, kann den Heilungsprozess in Gang bringen. Im Laufe des Therapieprozesses setzt eine Veränderung ein, d. h. der Klient kann allmählich akzeptieren, was ist, und dies in seine Vorstellung vom eigenen Selbst integrieren. Das geschieht in eben jener wertungsfreien und annehmenden Beziehung zwischen Klient und Therapeut. "Es ist die Beziehung, die heilt..." (Irvin Yalom aus "Was Hemingway von Freud hätte lernen können").
Ziel der Gesprächstherapie ist ein reifes Verhalten seitens des Klienten. Wahrzunehmen und zu akzeptieren, was ist, "Selbst"-Bewusstsein" zu entwickeln - im wahrsten Sinne des Wortes. Zugang zu den eigenen Gefühlen zu bekommen und dazu zu stehen, auch zu Trauer, Aggression, Wut und ähnlichen, nicht "erwünschten", Emotionen. Den Mut zu entwickeln, sich nicht mehr zu verstellen, sondern die eigene Wahrhaftigkeit zu leben im Hier und Jetzt.
Gesprächspsychotherapie kann sowohl für Kinder (hier als Spieltherapie) und Jugendliche, als auch für Erwachsene, im Einzel- und Gruppensetting, zur Paar- und Familientherapie eingesetzt werden.

Gesprächstherapie in der Übersicht

Begründer und theoretischer Hintergrund:

Begründet von Carl Rogers legt die Gesprächstherapie den Schwerpunkt auf die Beziehung zwischen Therapeut und Klient.

Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen in Deutschland möglich?

Nein - siehe auch: Was kostet Psychotherapie und wer zahlt?

Anerkannt für die Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten?

Ja - siehe auch: Psychotherapie - Lexikon der Psychologie

Anzahl der Studien, die Wirksamkeit belegen:

zahlreiche

Besonders empfohlen bei folgenden Störungsbildern:

Familiäre und berufliche Konflikte, Beziehungsprobleme, Probleme mit dem Selbstwert




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