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Wie kann ich von zwanghaften Gedanken und Verhalten wegkommen?

Anya (w, 44) aus Algier: Hallo,
Ich schäme mich ein bisschen für mein Problem, aber es frisst mich auf.

Vor unserem Wohnhaus gibt es eine begrenzte Anzahl an Parkplätzen, mein verstorbener Vater war einer der ersten, die einen festen, informellen Platz hatten, damals gab es noch nicht so viele Bewohner und alle haben ihn respektiert. Vor 13 Jahren ist er verstorben, ich wohne in der geerbten Wohnung und fahre das geerbte Auto. Mittlerweile sind die Bewohner und die Autos mehr geworden und 'mein' Platz wird nur noch von wenigen freigehalten. Ich weiss, dass ich kein Anrecht darauf habe und ich weiss, dass jeder Platz ein guter Platz ist,dennoch kann ich es nicht ertragen. Mittlerweile vermeide ich, mit dem Auto zu fahren, nur, damit sich niemand da hinstellt. Ich denke auch immer, sobald sich jemand dort hinstellt, sind alle schadenfroh darüber. Es ist zu dem Hauptbestandteil meiner Gedanken und Ängste geworden, ich weiss nicht, ob es wirklich nur noch um meinen Vater geht, oder ob ich das Gefühl habe, jemand will mir etwas wegnehmen. Wie kann ich davon wegkommen...?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Anya,
vielen Dank für Ihre Frage und dafür, dass Sie trotz Ihrer Scham so offen mit diesem Thema umgehen. Ich bin sicher, dass diese Offenheit ein erster Schritt ist, um sich von den belastenden Gedanken zu lösen und Ihr Verhalten zu verändern.

Mittlerweile vermeiden Sie es ja, mit dem Auto zu fahren, damit sich in der Zwischenzeit kein anderer auf den Parkplatz stellen kann. Damit schränken Ihre Gedanken und Ängste Ihre Lebensqualität schon beträchtlich ein.

Wenn Sie in manchen Momenten einmal wie von außen auf sich schauen, dann ist Ihnen klar, dass Sie sich mit diesen Gedanken und diesem Verhalten selbst schaden. Sie wissen, dass Sie kein Anrecht auf einen bestimmten Parkplatz haben. Aber etwas zwingt sie, dennoch immer wieder daran zu denken, dass dieser eine Parkplatz eigentlich der Parkplatz ist, auf den nur Sie ein Anrecht haben, weil er von Ihrem Vater genutzt wurde.

Dieser Zwiespalt zwischen kühlem Kopf und innerem Zwang äußert sich darin, dass Sie sich für Ihre Gedanken etwas schämen und dass Sie nun nach Hilfe suchen. Beides ist gut. Denn Scham und Hilfesuchen sind Anzeichen dafür, dass Sie selbst die innere Kraft haben, sich von den belastenden Gedanken und dem belastenden Verhalten zu befreien.

Allerdings wird es kein schneller und leichter Weg sein. Denn Sie sind ja schon viele Jahre mit diesem Problem beschäftigt, und vielleicht ist das Problem im Laufe der Zeit auch immer gravierender geworden.

Deshalb werden Sie nun auch Zeit und Kraft brauchen, um von diesen Gedanken wieder los zu kommen. Ich rate Ihnen sehr, sich dafür ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe zu holen.

Möglicherweise wird ein Arzt Ihnen zu einer kognitiven Verhaltenstherapie raten und Ihnen vielleicht auch Medikamente empfehlen.

In der Therapie wird es dann sicher auch um die Frage gehen, wie Sie von Ihrem verstorbenen Vater so Abschied nehmen können, dass Sie mit Ihrer Trauer leben können, ohne dass die guten Gedanken an Ihren Vater an Äußerlichkeiten (wie dem Parkplatz) festgemacht werden müssen.

Eventuell gibt es an Ihrem Wohnort auch andere Menschen, denen es ähnlich geht, und mit denen Sie sich in einer Selbsthilfegruppe treffen können.

Mit Ihrem heutigen Schreiben sind Sie jedenfalls den ersten, richtigen Schritt gegangen, um sich von Ihrem Problem zu befreien. Sie werden sich durch eine Therapie gewiss ein Mehr an Lebensqualität erarbeiten!

Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute und verbleibe mit den besten Grüßen
Ihr Hans H. Bass
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielen Dank für die Unterstützung und dafür dass Sie mich nicht in meiner Scham bestärkt haben sondern mir Mut gemacht haben.





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