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Meine Freundin leidet eventuell an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung - wie kann ich ihr helfen?

Minette (w, 29) aus München: Hallo liebes Psychomeda-Team.

ich führe eine Freundschaft zu einer Person, von der ich sehr sicher bin, dass sie unter einer Borderline-Störung leidet. Dieses Krankheitsbild wurde allerdings noch nie offiziell diagnostiziert. Anfeindungen, extremes Einbezogenwerden in ihr Privatleben und sehr nervenzerrende Auseinandersetzungen wegen Kleinigkeiten, sind leider Alltag mit ihr.

Ich bin aktuell dabei (wie die meisten Personen aus ihrem Umfeld, sogar aus ihrer Familie), mich zu distanzieren, weil ich diese dauerhafte Belastung nicht mehr tragen kann und will. Auf Ratschläge, sie solle eine Therapie beginnen, reagiert sie aggressiv und 'enttäuscht' (einer von ihren Lieblingsvorwürfen).

Soll ich einfach weiterhin Abstand nehmen? Oder gibt es eine gute Art, ihr unsere Vermutung über ihr Krankheitsbild näher zu bringen (wir haben schon 3x versucht mit ihr zu reden) und sie zu einer Therapie zu bewegen? Wäre es sinnvoll, zusammen mit anderen, ihr nahestehenden Personen eine Art 'Intervention' durchzuführen?

Sie kommt aus einer gewaltvollen Familie und hat drei abbsolut selbstzerstörerische Beziehungen hinter sich (aus der letzten wurde sie von ihrem Freundeskreis 'gerettet', nachdem sie auch da geschlagen und isoliert wurde, trotz allem aber immer wieder zu ihm zurückkehrte). Dieses Muster der 'Problemselbstschaffung' zieht sich wie ein roter Faden durch ihr gesamtes Leben und mir kommt es so vor, als bräuchte sie ihre 'Baustellen', die sie unglücklich machen.

Kann man ihr noch helfen? Wenn ja, wie?
Liebe Grüße

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Minette,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Sie können die Reaktions- und Verhaltensweisen Ihrer Freundin sehr gut reflektieren und möchten ihr gerne helfen. Ob bei ihr wirklich eine Borderline - Persönlichkeitsstörung vorliegt, kann ich aus der Ferne nicht diagnostizieren, das müsste ein Facharzt für Psychiatrie feststellen.

Wenn Ihre Freundin jedoch nicht bereit ist, sich von außen helfen zu lassen, wird eine Behandlung nicht möglich sein. Es sei denn, sie gefährdet sich oder andere, dann kann eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie erfolgen.

Es ist gut, dass Sie momentan eher auf Distanz gehen. Ihre Freundin reinszeniert ihr erlittenes Trauma immer wieder neu, ohne sich dessen bewusst zu sein. In diese Reinszenierung ist ihr gesamtes soziales Umfeld eingebunden und wird dafür instrumentalisiert. Das geschieht aus größter innerer Not heraus, wirkt aber auf Dauer enorm zerstörerisch.

Solange sie nicht selbst spürt, dass sie professionelle Hilfe benötigt, wird sich nichts verändern. Sie können immer wieder Therapieempfehlungen aussprechen, doch weiter können Sie nichts tun. Es wäre für alle Beteiligten ratsam anzuerkennen, dass sie zwar gemeinsam Unterstützung anbieten können, aber sie nicht retten können. Das kann nur sie selbst. Wenn sie ihr den Impuls abnehmen und ihr die Hilfe aufdrängen - so gut sie auch gemeint ist - werden sie auch zu einem Teil der Reinszenierung in der Triade von Opfer-Täter-Retter.

Die Beziehungsdynamik mit einem BPS-Betroffenen ist sehr komplex. Es gibt keine 'gesunden' Grenzen mehr. Insofern ist es wichtig, dass nahestehende Bezugspersonen zuverlässige, verbindliche Grenzen aufzeigen und auch dabei bleiben.

In dem Sie auf Ihre Grenzen achten und in die Distanz gehen, können Sie sich dem Sog der destruktiven Dynamik am besten entziehen.

Sie mag enttäuscht und aggressiv darauf reagieren, denn in ihrem System bedeutet es 'verlassen' zu werden - etwas, das sie auf jeden Fall vermeiden will und auch anderen das Gefühl gibt, dies auf keinen Fall ihr anzutun. Sie erzwingt damit die Fortführung einer symbiotischen Beziehungsstruktur, in der sie abhängig bleibt und wenig Eigenverantwortung übernehmen muss. Wenn sie Hilfe von Freunden und Familie bekommt, wird diese Struktur weiter aufrecht erhalten.

Was nicht bedeutet, sie dürfen ihr nicht helfen. Doch zu erkennen, dass diese Hilfe im professionellen Setting - ambulant oder stationär - stattfinden muss, ist die Grenze, die Sie ziehen können und sollten.

Ich wünsche Ihnen alles Gute. Über ein kurzes Feedback würde ich mich freuen.

Viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie



Bewertung:
Vielen Dank! So etwas Ähnliches habe ich mir zwar schon gedacht, man hofft dennoch, dass man akut helfen kann. Ich werde so weiterverfahren. LG





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