Navigation Psychomeda.de
Das Psychologie-Portal

Reagiere gereizt und aggressiv

stm1327 (w, 17) aus Leipzig: Guten Tag,

ich habe in letzter Zeit das Problem, dass ich auf jede Kleinigkeit extrem gereizt und aggressiv reagiere. Wenn ich mit jemanden rede und etwas nicht passt oder ich versuche Probleme zu lösen und ich zu nichts komme, dann werde ich teilweise so aggressiv, dass ich meine ganze Umgebung zertrümmern könnte. In der Schule habe ich eigentlich keinen Stress, aber die Umstände Zuhause sind nicht die Besten. Ich habe seit 12 Jahren eine Stiefmutter und diese macht mir mein Leben unnötig schwer. Meinen Vater kann ich nichts erzählen da er immer beschäftigt ist und wenn ich mich mal überwunden habe, ihm ein Problem zu schildern, bekomme ich nur dumme Antworten und alles wird auf mich geschoben. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Meine Nerven liegen blank und ich habe keine Lust, dass das zu einer ernsthaften Krankheit wird.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe stm1327,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Erhöhte Reizbarkeit kann unterschiedliche Gründe haben. Insbesondere, wenn Sie diese Verhaltensweisen erst seit einiger Zeit an sich beobachten und als für Sie ungewöhnlich einstufen, würde ich Ihnen empfehlen zunächst einmal eine körperliche Abklärung bei Ihrem Hausarzt vornehmen zu lassen.
Gereiztheit kann die Begleiterscheinung von verschiedenen körperlichen Beschwerdebildern sein, beispielsweise kann ein simpler Eisenmangel zu Symptomen wie Gereiztheit führen. Daher klären Sie Ihre Symptomatik bitte unbedingt medizinisch ab, falls Sie dies noch nicht getan haben.
Die Umstände, die Sie in Ihrem Elternhaus beschreiben sind bestimmt sehr belastend für Sie und Ihr Verhalten kann auch eine Reaktion auf diese Belastung sein.
Sie schreiben, dass Sie in der Schule keinen Stress haben, d.h. Sie können im Moment keinen äußeren Stress für Ihre Situation erkennen. Doch es gibt auch einen inneren Stress, der durch die Erfahrungen und Erlebnisse, die wir in uns tragen, hervorgerufen sein kann.
Die Trennung der Eltern ist für Kinder meist eine große Belastung. Insbesondere, wenn die Kinder bei der Trennung noch sehr jung waren, zeigen sich die Probleme erst später und werden nicht immer in Zusammenhang mit Ereignissen gebracht, die vielleicht schon lange zurückliegen.
Sie beschreiben, dass Sie mit Ihrer Stiefmutter nicht klarkommen und von Ihrem Vater fühlen Sie sich nicht verstanden und mit Ihren Problemen nicht erstgenommen. Es klingt auch an, Sie hätten das Gefühl, Ihnen würde die Schuld zugeschoben, für die Probleme mit Ihrer Stiefmutter. Das hört sich für mich so an, als werden Sie von den Erwachsenen in Ihrem Leben schon länger nicht unterstützt, ich kann mir vorstellen, dass Sie sich dadurch ziemlich alleingelassen fühlen.
Ich vermute daher, dass in Ihnen schon seit längeren Konflikte schwelen und Sie in Ihrer Familie nicht die Unterstützung bekommen, die Sie brauchen, um diese Konflikte zu klären.
Jetzt befinden Sie sich zusätzlich noch in einem Alter, indem die Zeit der Ablösung aus dem Elternhaus beginnt, Schritt für Schritt gehen Sie in das Erwachsensein. Dies ist eine ganz natürliche Entwicklungsphase mit ihren Höhen und Tiefen und löst nicht selten in einem jungen Menschen eine Krise aus. Diese kann dann dadurch verstärkt werden, wenn sozusagen schon einige Pakete mit ungeklärten Problemen auf den eigenen Schultern lasten. Ich habe bei Ihren Schilderungen den Eindruck, als könnte genau dies gerade in Ihnen vorgehen. Vielleicht können Sie sich gar nicht auf die anstehenden Entwicklungsschritte einlassen, weil in Ihnen noch viele ungeklärte Themen wirken.
Wahrnehmen können Sie dies nun durch Ihre Gereiztheit, Aggressivität und dem Gefühl, „die Nerven liegen blank“. Ihr Körper und Ihre Seele möchten Ihnen damit vermutlich vermitteln: „Halt Stopp, so geht es nicht weiter!“ und auch dies spüren Sie vermutlich, wenn Sie schreiben: „ich habe keine Lust, dass das zu einer ernsthaften Krankheit wird“
Vielleicht könnte es Ihnen erst einmal helfen den Stresssymptomen mit dem Erlernen einer Entspannungstechnik, wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung zu begegnen. Solche Entspannungsverfahren kann man in Kursen erlernen, auf der Homepage Ihrer Krankenkasse können Sie sich darüber meist unter dem Begriff Gesundheitskurse informieren. Regelmäßige Entspannung kann Ihnen helfen gelassener im Alltag zu werden und auch wieder etwas mehr Abstand zu Ihrer Situation zu bekommen.
Dann können Sie auch besser wahrnehmen, in wie weit Ihre Reaktionsweise mit Ihrer belastenden Familiensituation zu tun hat und sich für die Verarbeitung möglicherweise Hilfe von außen holen, indem Sie entweder ein Beratungsangebot einer Beratungsstelle in Ihrer Stadt in Anspruch nehmen oder aber auch eine Psychotherapie beginnen.
Ich bin sehr froh, dass Sie schreiben, Sie möchten nicht, dass sich die Symptome zu einer ernsthaften Krankheit entwickeln und das müssen sie auch nicht, denn Sie können eine Menge für sich tun, damit dies nicht passiert. Fangen Sie jetzt an, etwas für sich zu tun!
Ich hoffe sehr, dass die Empfehlungen, die ich Ihnen gegeben habe, Sie ermutigen weiter zu forschen, was die Gründe für Ihre Reizbarkeit und Aggressivität sind, denn das Verstehen und Annehmen von dem, was zu dem Verhalten führt ist immer der erste Schritt, um etwas zu verändern und zu verbessern.
Ich wünsche Ihnen sehr, dass es Ihnen bald wieder besser geht.
Herzliche Grüße
Nicole Kirsig





Online-Beratung

Auf Psychomeda beantworten Psychologen und Therapeuten Ihre Fragen unentgeltlich. Jetzt online Ihre Frage stellen...


Therapeuten

Zuletzt aufgerufene Therapeuten-Seiten. Therapeut, Coach, Berater? Eintragen...


Beliebt auf Psychomeda


TwitterSocial Feed



Folgen Sie uns auf Twitter


Qualität

Psychomeda ist ein unabhängiges psychologisches Informations- und Beratungsportal von Psychologen und Therapeuten. Wir informieren evidenzbasiert und auf wissenschaftlicher Grundlage. Weiter